(ots) - Milde walten lassen
Ist Bradley Manning ein Held, der Kriegsverbrechen und
Menschenrechtsverletzungen der USA offengelegt hat? Oder ist der
Obergefreite ein Verräter, der das Leben von Soldaten, Diplomaten und
Agenten in Afghanistan und im Irak gefährdet hat? Ein Militärtribunal
wird über das Schicksal des 25-Jährigen entscheiden, dem lebenslange
Haft droht.
Für den Angeklagten spricht, dass er sicherlich kein Spion im
klassischen Sinn ist. Er hat Hunderttausende von geheimen Dossiers
nicht deshalb gestohlen, um sie etwa an feindliche Mächte zu
verkaufen. Manning übergab die brisanten Informationen der
Enthüllungsplattform Wikileaks - nicht um sich zu bereichern. Sein
Motiv war ehrenwert: Er wollte der Welt die dunklen Seiten des
Anti-Terror-Kampfes zeigen, um das Töten zu stoppen. Manning beging
also ein Unrecht, um ein aus seiner Sicht weit größeres Unrecht zu
verhindern.
Während des Vietnam-Kriegs gab es übrigens einen ähnlich
gelagerten Fall. Damals spielte ein Mitarbeiter des
Verteidigungsministeriums Medien Papiere des Pentagons zu, wodurch
viele Skandale öffentlich wurden. Der Informant wurde damals nie
belangt - im Unterschied zu Bradley Manning und anderen
"Whistleblowern", die Missstände während der Bush-Jahre aufgedeckt
haben. US-Präsident Barack Obama hat ebenfalls wenig Milde gezeigt -
leider. Manning ist aber kein Schwerverbrecher. Das sollten die
Richter berücksichtigen.
Michael Clasen
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