(ots) - Nicht würdig
Die Bilder aus der Türkei machen fassungslos und wütend. Wie die
Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern und Räumfahrzeugen Gezi-Park und
Taksim-Platz in Istanbul stürmt, erinnert an Krieg. Diese Brutalität
ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch hinterlistig, weil die
Räumung einen Tag vor dem von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan
gesetzten Ultimatum kam. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der
Premier diesen großen Schaden in Kauf nimmt, um die gnadenlose Macht
des Staates zu demonstrieren.
Was für eine politisch dumme Entscheidung, den Weg der Gewalt zu
gehen. Erdogan mag ein demokratisch legitimierter Regierungschef
sein, doch sein radikales Verhalten in dieser Krise ist eines
Demokraten nicht würdig. Ebenso wenig wird er so den Widerstand der
Demonstranten brechen. Im Gegenteil: Sein hartes Durchgreifen
bestätigt die Protestler vielmehr in ihrer Kritik.
Wo ist eigentlich Europa, während am Bosporus die Lunte brennt? Es
sind die ureigensten europäischen Werte von Freiheit und
Selbstbestimmung, für die diese Menschen ihr Leben riskieren. Wenn
die EU ihre Ansprüche an die Türkei, sich zivilgesellschaftlich zu
entwickeln, ernst meint, darf sie jetzt nicht tatenlos zusehen. Die
mutigen Bürger in Istanbul brauchen Solidarität. Und Brüssel muss
Erdogan unmissverständlich klarmachen, dass es negative Folgen für
die Beitrittsverhandlungen haben wird, wenn er nicht zur Vernunft
kommt.
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