(ots) - Die Deutschen lieben immer noch Barack Obama. Glaubt
man Umfragen, lieben sie ihn sogar so sehr, dass sie ihn bedenkenlos
mit großer Mehrheit zum Kanzler wählen würden. Angela Merkel hätte
keine Chance. Wie kommt es zu dieser anhaltenden Verehrung, die dem
US-Präsidenten fast einen gottesähnlichen Status verleiht?
Barack Obama ist ein Politiker, der es meisterhaft beherrscht, mit
dem gesprochenen Wort Visionen von einer besseren Welt zu erzeugen -
wie, in seiner Prager Rede, die Vorstellung von einem Planeten ohne
Atomwaffen. Er agiert mit einer an Arroganz grenzenden
Selbstüberzeugung, die gleichzeitig ein extremes Ausmass an
Hoffnungen erzeugt hat, die aber in der Realität nicht erfüllt werden
können. Vielleicht liegt es auch an der Ferne zum transatlantischen
Partner, dass die Deutschen nun erst langsam merken: Obama ist weder
der von ihm selbst projezierte Messias noch ein politischer
Super-Man. Er ist ein ganz gewöhnlicher Politiker, der seinen
Aufstieg vor allem seiner außergewöhnlichen Rhetorik und der
Müdigkeit der Wähler nach der Ära Bush verdankte.
Nach fünf Jahren im Amt dämmert dies immer mehr US-Bürgern. Obama
hat nicht nur, wie viele Präsidenten vor ihm, einen Teil seiner
Wahlversprechen gebrochen - von der Schließung Guantanamos bis hin zu
mehr Transparenz bei seinen Entscheidungen. Er und seine
Regierungsbehörden bewegen sich mittlerweile auch auf juristisch
extrem fragwürdigem Terrain, sei es bei der Verfolgung von unbequemen
Journalisten, der Duldung der Bespitzelung von Millionen Menschen
durch die US-Geheimdienste, der Tötung von mutmaßlichen und oft noch
nicht einmal namentlich bekannten "Staatsfeinden" durch Drohnen und
der Schikane politisch Andersdenkender durch die Steuer- und
Justizbehörden. Auch die Bilanz seiner aussenpolitischen Bemühungen
ist ernüchternd. Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern
ist eine Friedenslösung nicht näher gerückt, Nahost bleibt ein
Brandherd. Der Iran setzt unbeirrt seine Bemühungen fort, sich in die
Atomwaffen-Staaten einreihen zu können. Und das Ansehen der USA in
der moslemischen Welt ist trotz der Bemühungen Obamas um ein besseres
Verhältnis unverändert schlecht.
Dennoch werden viele Berliner erneut Obama bei seinem ersten,
aufgrund von Spannungen mit dem Kanzleramt lange hinausgezögerten
Staatsbesuch zujubeln. Die Faszination und der Glaube an eine bessere
Welt, sie sterben nur langsam.
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Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
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