(ots) - Verlorenes Vorbild
Barack Obama und Angela Merkel können heute noch so fröhlich in
die Kameras winken: Das Bild der deutsch-amerikanischen Freundschaft
hat Risse bekommen. Gründe dafür gibt es viele. Da ist auf deutscher
Seite zum einen die Enttäuschung über Obama persönlich. Dann mag noch
immer Ärger mitschwingen über die Arroganz, mit der die Amerikaner
seinerzeit in den Irak einmarschiert sind. Reihenweise Morde im
staatlichen Auftrag spielen eine weitere Rolle, die notorische
Missachtung von Bürgerrechten im eigenen Land und in aller Welt kommt
hinzu. Und zumindest im Hinterkopf werden viele gespeichert haben,
dass die Finanzkrise in den USA ihren Anfang nahm.
Zudem wächst eine Generation heran, die sich den Amerikanern kaum
noch zu Dank für ihren Einsatz gegen die Nazi-Herrschaft oder im
Kalten Krieg verpflichtet fühlt, während die Vereinigten Staaten
ihrerseits wenig Zweifel lassen, dass sie sich inzwischen mindestens
so sehr als pazifische wie atlantische Macht verstehen.
In der Folge haben die USA als Vorbild an Einfluss verloren,
politisch, moralisch und ebenso wirtschaftlich: Zuckte früher jeder
deutsche Manager sorgenvoll zusammen, wenn die Amerikaner Probleme
hatten, wirken sich solche heute weniger aus. Trotz Krise hat der
Euro Europa als Wirtschaftsraum geeint und damit gestärkt. Genau dies
ist der Grund, weshalb es im transatlantischen Verhältnis wieder zu
einer Wende zum Guten kommen könnte. Den USA würde eine
Freihandelszone mit Europa dabei stärker nutzen als umgekehrt. Denn
so wichtig den Amerikanern Ostasien ist und so gerne sie ein
Handelsabkommen mit südamerikanischen Ländern schließen würden: Auf
beiden Feldern kommen sie derzeit nicht voran. Obama ist in Berlin
deshalb nicht wie die US-Präsidenten vor ihm ein Idol oder Übervater,
sondern nur ein Gast auf Augenhöhe.
Burkhard Ewert
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