(ots) - Die ganz große "Obamania" ist sicher verflogen. Wie
könnte es auch anders sein angesichts der Tatsache, dass der Nimbus
des "Machers" in fünf Jahren US-Präsidentschaft eine Menge Kratzer
bekommen hat. Trotzdem war diese 25-Stunden-Staatsvisite von Barack
Obama in Berlin etwas Besonderes. Nicht nur deshalb, weil der Mann
noch immer fasziniert, wie es kein einziger deutscher
Spitzenpolitiker vermag. Auch Obamas Rede vor dem Brandenburger Tor
fiel ganz und gar aus dem Rahmen eines gewöhnlichen "Arbeitsbesuchs".
Dabei gab sich Obama gar nicht erst der Versuchung hin, bei seinem
öffentlichen Auftritt einen Satz mit nachhaltiger Symbolik zu prägen,
der womöglich Eingang in die Geschichtsbücher finden könnte. Nach der
legendären "Ich-bin-ein-Berliner"-Rede von John F. Kennedy vor fast
genau 50 Jahren und dem 24 Jahre späteren, scheinbar vorahnungsvollen
Appell Ronald Reagens auf der West-Seite vor dem Tor, Mister
Gorbatschow solle die Mauer einreißen, lag die Latte wohl einfach zu
hoch dafür. Gleichwohl hat Obama einen Menschheitstraum thematisiert.
So wie seine beiden Amtsvorgänger den Traum vom Ende der
Ost-West-Spaltung. Obamas Vision ist die einer atomwaffenfreien Welt.
Das hatte er bereits vor vier Jahren unter großem Beifall in einer
Rede in Prag verkündet. Nun bot Obama eine weitere Reduzierung von
nuklearen US-Beständen an. Klar ist freilich, dass sich die atomare
Abschreckung für Washington militärisch ohnehin weitgehend überlebt
hat. "Moderne Kriege" führen die USA heute via unbemannter
Kampf-Drohnen oder per Internet. Für einen Präsidenten, der schon
kurz nach Beginn seiner ersten Amtszeit als Vorschusslorbeer den
Friedensnobelpreis verliehen bekam, ist das kein Ruhmesblatt.
Spätestens an dieser Stelle traten die Meinungsverschiedenheiten
zwischen Obama und Angela Merkel auch offen zu Tage. Während der
US-Präsident die erschreckenden Ausmaße der Datensammelwut des
amerikanischen Geheimdienstes bis hin nach Deutschland klein redete,
zweifelte die Bundeskanzlerin gleich mehrfach die Verhältnismäßigkeit
eines solchen allumfassenden Ãœberwachungssystems an. Und das war auch
gut so.
Was also bleibt vom kurzen Berlin-Besuch des mächtigsten Mannes
der Welt? Er hat noch einmal in aller Deutlichkeit gezeigt, wie sich
die Maßstäbe verändert haben. Deutschland braucht längst keinen
militärischen Beschützer mehr und die USA keinen europäischen
Vorposten gegen den Kommunismus. Politisch begegnet man sich immer
stärker auf Augenhöhe. Die großen Emotionen sind deshalb zwangsläufig
weg. Dass ein US-Präsident erstmals auf der Ost-Seite vor dem
Brandenburger Tor eine Rede hielt, ist allerdings auch 24 Jahre nach
dem Fall der Mauer noch eine wunderbare Geschichte. Ganz gleich, ob
daraus nun etwas für die Geschichtsbücher abfällt oder nicht.
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Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
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