(ots) - Brasilien - Traumurlaub: Klischee? Dass es außer
Zuckerhut und Copacabana noch immer Slums und bitterste Armut gibt,
weiß jeder. Doch nicht jeder will es wissen. Protest und Aufruhr sind
nichts fundamental Neues in dem Land, das auch politisch harte Zeiten
hinter sich hat, von 1964 bis '85 von Militärs beherrscht wurde. Die
Rückkehr zur Demokratie konnte ein Geschwür, das der brasilianischen
Gesellschaft bis heute massiv schadet, nicht ausmerzen: Korruption.
Von der Leidensfähigkeit der Brasilianer war oft die Rede, Ende der
achtziger und in den neunziger Jahren, als das soziale Elend noch
sehr groß war. "Gott ist Brasilianer" und "Wir sitzen im Dreck, aber
wir haben Fußball und Samba" lauteten damals Erklärungsmuster im Land
selbst. Heute ist Brasilien die sechstgrößte Volkswirtschaft der
Welt, die mit hohen Wachstumsraten und Rekorden beim Außenhandel
glänzt. Doch noch immer herrscht eine tiefe Kluft zwischen Arm und
Reich. Das ist der Hintergrund, vor dem Brasilien der Fußball-WM
entgegenfiebert. Sie soll, sie muss den Titel bringen - alles andere
würde das Land in eine mentale Depression stürzen, die negative
ökonomische Auswirkungen und gesellschaftlichen Aufruhr bringen kann.
Letzterer ist, durchaus überraschend, auch jetzt schon da. Die
Leidensfähigkeit der Brasilianer scheint an ihre Grenzen gekommen,
Fußball und Samba alleine reichen nicht mehr aus, Missstände
zuzudecken. Dies ist ein Fortschritt: Die Bürgergesellschaft ist
zornig und emanzipiert sich. Prächtige Stadien können, wenn die
Regierenden es intelligent anfangen, langfristig ein gutes Investment
sein für eine Gesellschaft. Aber die sechstgrößte Volkswirtschaft der
Erde muss zugleich sofort und effizienter als bislang die Armut
bekämpfen.
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