(ots) - Die Unruhe nach dem Boom
Dilma Rousseff reagiert spät, aber nicht ungeschickt auf die
Massenproteste in Brasilien. Indem die Präsidentin mehr Geld für das
Bildungs- und das Gesundheitswesen verspricht, greift sie zentrale
Forderungen der Demonstranten auf. Und indem sie Härte gegen
Randalierer ankündigt, zeigt sie, dass der Staat sich das
Gewaltmonopol nicht aus der Hand nehmen lassen will.
Dennoch wird das Land so bald nicht zur Ruhe kommen. Denn
Vetternwirtschaft und Korruption sind weit verbreitet und verhindern
schnelle Veränderungen.
Hinzu kommt: Brasiliens Wirtschaft hat nach mehreren Boomjahren
stark an Schwung verloren. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2012
nur noch um 0,9 Prozent gewachsen. Es gibt mithin nicht mehr so viel
zu verteilen wie früher. Dabei ist der Kampf gegen die Armut noch
lange nicht gewonnen. Fast 50 Millionen Bedürftige stehen direkt oder
indirekt auf der Empfängerliste für soziale Hilfen. Weitere 700 000
Menschen leben in extremer Armut ohne jede staatliche Hilfe.
Größenwahn, wie er sich im Ausbau teurer Fußballarenen ausdrückt,
wirkt vor einem solchen Hintergrund einfach nur provozierend. Dies
gilt umso mehr, als in den Jahren des Wirtschaftsbooms eine
selbstbewusste Mittelschicht herangewachsen ist. Sie pocht jetzt
völlig zu Recht darauf, die Ressourcen und den Reichtum des Landes
gerechter und sinnvoller zu nutzen.
Uwe Westdörp
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