(ots) - Falsches Signal
Es ist ein fauler Kompromiss, dass die 27 EU-Regierungen mit der
Türkei weiter über einen Beitritt verhandeln wollen. Trotz der
gewaltsamen Niederschlagung von Protesten in Istanbul verschieben sie
den Verhandlungstermin für ein neues Beitrittskapitel lediglich
einige Monate nach hinten.
Das ist das völlig falsche Signal an den autoritär regierenden
Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Denn statt ihm Grenzen
aufzuzeigen, wird so der Anschein erweckt, als wäre in Istanbul
nichts Schlimmes passiert. Das brutale Vorgehen der Polizei gegen die
Demonstranten aber widerspricht dem Geist der EU.
Die Europäische Union will nach ihrem Selbstverständnis mehr sein
als eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ist zu Recht stolz auf Werte
wie die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, auf Demokratie
und Menschenrechte. Wenn aber die wirtschaftlich aufstrebende Türkei
irgendwann als Vollmitglied zur EU gehören will, muss sich die
Regierung in Ankara an diese Regeln halten.
Erdogan ist es, der sich bewegen und seinen harten Kurs
zurückfahren muss. Auch die Erkenntnis, dass Europa die Türkei
braucht und umgekehrt die Türkei Europa, darf die EU-Regierungschefs
nicht zu faulen Kompromissen verleiten. Zumal gerade den westlich
orientierten Demonstranten in Istanbul am ehesten damit gedient ist,
wenn die EU Druck auf Erdogan ausübt.
Christof Haverkamp
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