PresseKat - WAZ: US-Spione, deutsches Recht - Kommentar von Ulrich Reitz

WAZ: US-Spione, deutsches Recht
- Kommentar von Ulrich Reitz

ID: 899527

(ots) - Man kann nach der Enthüllung des Amerikaners Edward
Snowden getrost davon ausgehen, dass britische und amerikanische
Spione ein Grundrecht deutscher Bürger verletzt haben. Und doch
unternimmt die Bundesregierung bestenfalls halbherzige Versuche, das
zu unterbinden. Wie kann das sein? Auch Grundrechte gelten nicht
absolut. Die Bundesregierung darf, etwa wenn sie die nationale
Sicherheit gefährdet sieht, das Recht der Bürger an den eigenen Daten
außer Kraft setzen, sogar weit mehr als das. Noch im April hat das
Bundesverfassungsgericht entschieden, das Bundeskabinett dürfe ein
von Terroristen entführtes Flugzeug im Fall einer drohenden
Katastrophe abschießen lassen, was das Recht auf körperliche
Unversehrtheit nicht nur der Täter, sondern unschuldiger Opfer
radikal außer Kraft setzt. So fordert die Bundesregierung auch kein
Ende des Abhörens, sondern nur "Verhältnismäßigkeit", also, nicht so
viele Daten zu erfassen. Vermutlich wird Berlin selbst damit weder in
London noch in Washington Erfolg haben. Das Ausspionieren von
(Bündnis-) Partnern ist zwar ein unfreundlicher Akt, aber nach
den jeweiligen nationalen Gesetzen gedeckt: nicht legitim, aber
legal. Auf der Basis dieser Gesetze verfolgen die Amerikaner den
Spion Snowden wegen Spionage. Lassen sich im Streit zwischen
Datenschutz und Sicherheit die Gewichte verschieben Richtung
Datenschutz? Erstens müsste offen diskutiert werden, ob dies gewollt
wird. Die Sicherheitsdienste geben an, weltweit 50 Anschläge
verhindert zu haben. Zweitens wäre ein einheitlicher europäischer
Datenschutz nötig, ein europäisches Google, ein europäisches
Facebook, und so weiter. Und mehr als das: ein Verbotsschild für
Google an der europäischen Grenze. Ein Kappen aller Kabel unter dem
Atlantik. Alles das ist wenig wahrscheinlich. Deshalb fordert es
niemand von Gewicht. Es mag sein, dass viele von uns ein leichteres




Lebensgefühl hätten, müssten sie nicht mit Mithörern oder -lesern
rechnen. Ob wir sicherer wären, steht auf einem anderen Blatt.
Nichtwissen kann eine Gnade sein. Damit ist es, dank Snowden, nun
vorbei.



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Datum: 27.06.2013 - 18:42 Uhr
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