(ots) - Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi
versuchen die neuen Machthaber in Ägypten offenbar mit allen Mitteln,
eine kritische Berichterstattung über die jüngsten Ereignisse zu
verhindern. "Armee und Übergangsregierung in Ägypten müssen sofort
ihre Ãœbergriffe gegen die Medien einstellen", forderte der
Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. "Ziel der
Massenproteste gegen Präsident Mursi war die Vollendung der
demokratischen Revolution. Es wäre eine traurige Ironie, wenn die
Pressefreiheit zum ersten Opfer des Machtwechsels würde." Unter der
Übergangsregierung müsse nun zügig eine Verfassung ausgearbeitet
werden, die die Pressefreiheit und andere Menschenrechte
uneingeschränkt schütze.
Schon bevor Verteidigungsminister Abd al-Fattah al-Sisi den
Präsidenten am Mittwoch für abgesetzt erklärte, hatte die Armee
Offiziere in den Redaktionsräumen des Staatsfernsehens postiert, um
die Berichterstattung zu überwachen und gegebenenfalls einzugreifen.
(http://bit.ly/19TScE3) Unmittelbar nach dem Sturz Mursis ließ
Innenminister Mohammed Ibrahim Medienberichten zufolge drei
Fernsehsender schließen, die dem politischen Lager des Präsidenten
zugerechnet werden: den Sender der Muslimbruderschaft, Misr 25, sowie
die salafistisch orientierten Sender Al-Nas und Al-Hafez.
(http://bit.ly/19YZIRm)
Bei einer Razzia in den Redaktionsräumen von Al-Jazeera Mubasher
Misr, einem lokalen Ableger von Al-Jazeera, wurden nach Angaben des
Senders mindestens fünf Mitarbeiter vorübergehend festgenommen.
Weitere Reporter, die gerade von einer Pro-Mursi-Demonstration
berichteten, wurden ebenfalls in Gewahrsam genommen. Kritiker werfen
dem nach der Revolution von 2011 gegründeten Kanal Sympathien für die
Muslimbruderschaft vor. (http://aje.me/14SiGSK) Ein Sprecher des
Parteienbündnisses Nationale Heilsfront, zu dessen Führungsfiguren
Mohamed ElBaradei gehört, rechtfertigte das Vorgehen gegen die
Fernsehsender als "außergewöhnliche Maßnahme", die Aufrufe zur Gewalt
verhindern solle.
Diese ersten Schritte unter den neuen Machthabern erinnern fatal
an die Regierungszeit des Obersten Militärrats nach dem Sturz
Mubarak, als die Armee dessen Repressionen gegen Journalisten nicht
nur fortsetzte, sondern sogar verschärfte. Journalisten, die kritisch
über Übergriffe von Militärangehörigen während der Revolution
berichteten, wurden vor Militärgerichte gestellt, einige zu
monatelangen Haftstrafen verurteilt. (http://bit.ly/14sCE84)
Bedenklich stimmt deshalb auch die Ankündigung der Armee, als Teil
ihres Ãœbergangsplans solle ein "Medien-Ehrenkodex" erarbeitet werden.
Der Erklärung des Verteidigungsministers zufolge soll er nicht nur
die Pressefreiheit schützen, sondern auch die Einhaltung
journalistischer Standesregeln und die "Erhebung des obersten Wohl
der Nation" sicherstellen. (https://www.facebook.com/Egy.Army.Spox)
ROG befürchtet, dass damit wie schon in der umstrittenen Verfassung
von Ende 2012 das Grundrecht der Pressefreiheit eingeschränkt werden
soll. (http://bit.ly/11PcKs2) Berufsständische Regeln und
Verhaltenskodexe für Journalisten sollten jedoch nie von einer
Regierung, geschweige denn von der Armee verfügt werden.
In der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Ägypten auf Platz
158 von 179 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und
Medien in Ägypten finden Sie unter http://en.rsf.org/egypt.html.
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