(ots) - Trotz zahlreicher Proteste hat ein Moskauer Gericht
heute den Rechtsanwalt Sergej Magnitski posthum wegen Steuerbetrugs
schuldig gesprochen. Der russische Bürgerrechtler und frühere
Schachweltmeister Garri Kasparow fordert im Gespräch mit dem
Debattenmagazin "liberal" Konsequenzen aus dem Fall Magnitski.
Ähnlich wie die USA solle auch Deutschland russischen Beamten, die in
den Fall involviert waren, die Einreise und Bankgeschäfte auf
deutschem Boden verbieten.
Es gehe dabei nicht darum, Russland zu bestrafen, sondern um die
Einhaltung von Regeln, sagte Kasparow gegenüber "liberal". "Es ist
über jeden Zweifel hinaus bewiesen, dass diese Leute Magnitski
umgebracht, dem russischen Staat Geld gestohlen und es im Ausland
untergebracht haben. Sie wissen alle, dass sie strafbarer Verbrechen
schuldig sind, aber sie gehören zu dieser großen Mafia, die Geld aus
Russland stiehlt und es außerhalb anlegt, hauptsächlich in Europa. So
zu tun, als wäre das normales Geschäftsgebaren, verursacht
langfristig größere Probleme."
Das amerikanische Magnitski-Gesetz sei die größte Gefahr für
Putins Machterhalt, erklärte Kasparow im "liberal"-Interview. "Denn
wie in jeder mafiösen Organisation muss er hundertprozentigen Schutz
für hundertprozentige Loyalität bieten können. Sobald die korrupten
Bürokraten verstehen, dass Putin nicht mehr länger in der Lage ist,
ihnen in Russland totale Immunität und absoluten Schutz ihrer
ausländischen Vermögen zu garantieren, wird er einen Großteil seiner
Macht einbüßen. Deshalb wird er so irrsinnig wütend, wenn das Gesetz
zur Sprache kommt." Als Antwort auf das Magnitski-Gesetz hatte Moskau
im Frühjahr unter anderem ein umstrittenes Adoptionsverbot für
US-Familien beschlossen und für bestimmte US-Bürger Einreiseverbote
verhängt.
Darüber hinaus forderte Kasparow in "liberal", Deutschland solle
seine "lange Praxis beenden, Putin demokratische Glaubwürdigkeit zu
verleihen." Berlin müsse aufhören so zu tun, als gehörte Russland in
dieselbe Gruppe Länder. Kasparow: "Russland gehört nicht in die G8,
denn die G7 standen für die großen industriellen Demokratien. Man
kann darüber streiten, ob Russlands industrielle Entwicklung dafür
ausreicht. Aber wir müssen definitiv anerkennen, dass Russland keine
Demokratie ist. Dass Putin hier auftreten darf, gibt ihm eine Bühne
um seine vorgebliche demokratische Glaubwürdigkeit zu demonstrieren
und die Möglichkeit, seinen Einfluss auszuweiten."
Sergej Magnitski war im November 2009 in einer Moskauer
Untersuchungshaft ums Leben gekommen. Er wurde festgenommen, nachdem
er Beweise für eine Unterschlagung gefunden hatte, in der russische
Steuerbeamten und Mitarbeiter des Innenministeriums involviert waren.
Pressekontakt:
Boris Eichler
Chef vom Dienst
Debattenmagazin 'liberal'
Reinhardtstraße 12
10117 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 28 87 78 59 oder 0176 60810037
Fax: +49 (0) 30 28 87 78 49
redaktion(at)libmag.de