(ots) - Verlogen und scheinheilig
Die Empörung ist immens, seit der Computerexperte Edward Snowden
enthüllt hat: Die US-Geheimdienste spionieren. In Deutschland, im
übrigen Europa. Auf der ganzen Welt. Auch vor dem Internet machen sie
nicht halt. Die übertriebenen Warnungen der Opposition vor einem
Ãœberwachungsstaat sind so abenteuerlich wie die gespielte
Ahnungslosigkeit in Berlin.
Niemand will etwas gewusst haben. Weder der
Bundesnachrichtendienst noch Kanzlerin Angela Merkel und
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Das ist so glaubwürdig wie
die Vorstellung, Friedrich hätte mit den Amerikanern wirklich
Tacheles geredet.
Seit Jahren und Jahrzehnten liefern die US-Geheimdienste deutschen
Kollegen im Zuge der Gefahrenabwehr wichtige Informationen. Stellt
Friedrich die Zusammenarbeit mit den USA ein, schaltet er das wohl
wichtigste Sicherheitsradar für Deutschland ab. Und das will niemand
in der Bundesregierung riskieren.
Der Austausch muss künftig auf rechtlich einwandfreier Grundlage
geschehen. Dennoch war ein internationaler Spionage-Skandal selten so
verlogen, übertrieben und scheinheilig wie die Snowden-Affäre. Dazu
passt, dass der amerikanische Geheimnisverräter nun in Russland um
Asyl bittet. Für Präsident Wladimir Putin ist das ein großer
Imagegewinn. Jetzt kann er sich endlich als Wahrer von Demokratie und
Menschenrechten präsentieren. Was für ein Hohn.
Michael Clasen
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