NIEBEL-Interview für das "Luxemburger Wort"
(pressrelations) -
Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Luxemburger Wort" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Wolf von Leipzig:
Frage: Braucht die Union die FDP nach der Bundestagswahl überhaupt noch? Was ist der Mehrwert einer Koalition mit FDP-Beteiligung?
NIEBEL: Die Union braucht uns, um eine Mehrheit zu haben und gute Politik gestalten zu können, die ihrem Programm näher kommt als in jeder anderen Konstellation. Aber wichtig ist vor allem, was Deutschland braucht. Und Deutschland braucht die FDP! Durch die FDP hat diese Regierung gute Arbeit geleistet, obwohl sie - was gern vergessen wird - von ganz vielen externen Schocks betroffen gewesen ist, die nicht voraussehbar waren. Es gab die Währungskrise, die Bankenkrise, es gab Fukushima mit allen Folgeerscheinungen, alles Dinge, die unerwartet passierten und die man nicht in einem Koalitionsvertrag beschreiben kann. Dennoch waren die letzten Jahre gute, erfolgreiche Jahre für Deutschland - und daran hat die FDP großen Anteil.
Frage: Was sind die Meriten der FDP?
NIEBEL: Auch in der Union gibt es genügend Leute, die für eine Vergemeinschaftung der Schulden im Euroraum zur Verfügung gestanden hätten. Die FDP hat maßgeblich dafür gesorgt, dass es dafür keine Mehrheit in der Koalition gegeben hat. Und wir haben dafür gesorgt, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ganz zu Anfang der Legislaturperiode tatsächlich das Wachstum beschleunigt hat. Wir haben die Bürgerinnen und Bürger um 22 Milliarden Euro entlastet und dabei trotzdem den Haushalt stabilisiert. Im nächsten Jahr werden wir erstmals einen Haushalt mit einer strukturell schwarzen Null, also einen ausgeglichenen Haushalt haben und 2016 erstmals Schulden zurückzahlen. Dies ist eine zentrale Aufgabe, zu der die FDP maßgeblich beigetragen hat.
Frage: Der Schutz der Privatsphäre gehört ebenfalls zu den Kernthemen liberaler Politik...
NIEBEL: Es läuft ja auch gerade die Diskussion über die bürgerlichen Freiheitsrechte. Wer hat denn verhindert, dass die allgemeine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland Gesetz wird? Wir werden weiterhin daran arbeiten, dass die EU diese unsägliche Richtlinie zurücknimmt. Wie wir jetzt sehen wird durch die USA und Großbritannien in maßgebliche bürgerliche Freiheitsrechte eingegriffen. Wir sind Hüter dieser bürgerlichen Freiheitsrechte und das spricht schon dafür, dass die FDP stark in der Regierung ist.
Frage: Sie argumentieren inhaltlich, aber arithmetisch könnte ja durchaus die Situation entstehen, dass die FDP wieder als Zünglein an der Waage gebraucht wird - eventuell sogar in einer Jamaika-Koalition ...
NIEBEL: Natürlich argumentiere ich inhaltlich: Politik basiert immer auf dem Anspruch, etwas inhaltlich gestalten zu wollen und nicht auf dem reinen Machtanspruch, auch wenn das Politikern manchmal vorgeworfen wird. Inhaltlich gestalten ist der Grund, warum sich die meisten Politiker in Parteien engagieren. Wenn es um Zahlen geht: Im Moment hat die bestehende Koalition in jeder Umfrage eine Mehrheit. Die Stimmen sind noch etwas unfair verteilt, daran arbeiten wir natürlich noch, aber es sind ja auch noch 66 Tage Zeit bis zur Wahl. Ich bin sehr zuversichtlich.
Frage: Doch was spricht gegen einen Partnerwechsel?
NIEBEL: Manches, was von anderen vorgeschlagen wird, passt inhaltlich einfach nicht zu uns. Die vorgeschlagene rückwirkende Vermögensabgabe, die Vermögenssteuer für die Zukunft, die Anhebung der Einkommenssteuer für die angeblich Reichen, die bei 5000 Euro Monatseinkommen beginnt: in Baden-Württemberg verdient das ein Facharbeiter in der Automobilbranche, der Schichtarbeit leistet - der ist dann plötzlich der Reiche. Da gibt es viele Dinge, die mit uns überhaupt nicht gehen werden und deshalb können Sie das getrost vergessen.
Frage: Aber es gibt ja auch Tendenzen bei der Union wie Mütterrente oder Mindestlöhne, die der FDP widerstreben müssen...
NIEBEL: Wir haben ja noch das große Glück, gemeinsam Koalitionsverhandlungen führen zu können. Das Wahlprogramm der Union, das neue soziale Leistungen verspricht, ist mit der Haushaltsstatik überhaupt nicht in Übereinstimmung zu bringen. Was allerdings das Stichwort "Leistungsgerechtigkeit? und die Frage angeht, Lohnuntergrenzen anzubringen, ist die FDP durchaus offen dafür - vorausgesetzt sie werden nicht gesetzlich und flächendeckend festgesetzt, sondern von den Tarifparteien regional und branchenspezifisch unterschiedlich ausgehandelt.
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