(ots) - Die Jugendämter in Deutschland führten im Jahr
2012 nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) knapp
107 000 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls
durch. Das ist das Ergebnis der erstmals durchgeführten Erhebung über
Verfahren gemäß Paragraf 8a Absatz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch
(Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung). Eine
Gefährdungseinschätzung wird vorgenommen, wenn dem Jugendamt
gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines/einer
Minderjährigen bekannt werden und es sich daraufhin zur Bewertung der
Gefährdungslage einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind
beziehungsweise Jugendlichen sowie seiner Lebenssituation macht.
Von allen Verfahren bewerteten die Jugendämter 17 000 (16 %)
eindeutig als Kindeswohlgefährdungen ("akute Kindeswohlgefährdung").
Bei 21 000 Verfahren (20 %) konnte eine Gefährdung des Kindes nicht
ausgeschlossen werden ("latente Kindeswohlgefährdung"). In 68 000
Fällen (64 %) kamen die Fachkräfte zu dem Ergebnis, dass keine
Kindeswohlgefährdung vorliegt. Jedoch wurde in jedem zweiten dieser
Verfahren ein Hilfe- oder Unterstützungsbedarf durch das Jugendamt
festgestellt.
Zwei von drei Kindern (66Â %), bei denen eine akute oder latente
Kindeswohlgefährdung vorlag, wiesen Anzeichen von Vernachlässigung
auf. In 26 % der Fälle und damit bei gut jedem vierten Kind wurden
Anzeichen für psychische Misshandlung festgestellt. Ähnlich häufig,
nämlich mit einem Anteil von 24 %, wiesen die Kinder Anzeichen für
körperliche Misshandlung auf. Anzeichen für sexuelle Gewalt wurden in
5 % der Verfahren festgestellt. Mehrfachnennungen waren möglich.
Verfahren zur Bestimmung von Gefährdungslagen wurden in etwa
gleich häufig für Jungen (51 %) und Mädchen (49 %) durchgeführt; dies
gilt auch für Verfahren mit dem Ergebnis einer akuten oder latenten
Kindeswohlgefährdung.
Jedes vierte Kind (25 %), für das ein Verfahren zur Einschätzung
der Gefährdung des Kindeswohls durchgeführt wurde, hatte das dritte
Lebensjahr noch nicht vollendet. Drei- bis fünfjährige Kinder waren
zu 20Â % von den Verfahren betroffen. Mit 22Â % waren Kinder im
Grundschul-alter (6 bis 9 Jahre) beteiligt und mit 18Â % Kinder im
Alter von 10 bis 13 Jahren. Für Jugendliche (14 bis 17 Jahre) betrug
der Anteil an allen Verfahren 15Â %.
Am häufigsten, bei 18 000 Verfahren (17 %), machten Polizei,
Gericht oder Staatsanwaltschaft das Jugendamt auf eine mögliche
Kindeswohlgefährdung aufmerksam. Bei gut 15 000 Verfahren (14 %)
gingen Jugendämter Hinweisen durch Bekannte oder Nachbarn nach, in
knapp 14 000 Fällen (13 %) denen von Schulen oder
Kindertageseinrichtungen. Gut jeden zehnten Hinweis (11Â %) erhielten
die Jugendämter anonym.
Hinweise:
Die Abschätzung des Gefährdungsrisikos erfolgt bei Jugendämtern in
Zusammenwirkung mehrerer Fachkräfte. Eine Kindeswohlgefährdung liegt
vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder
seelischen Wohls des Kindes/Jugendlichen bereits eingetreten ist oder
mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist und diese Situation von den
Sorgeberechtigten nicht abgewendet wird oder werden kann. Das
Jugendamt hat den Personensorgeberechtigten zur Abwendung der
Gefährdung geeignete und notwendige Hilfen anzubieten. In allen hier
dargestellten Ergebnissen ist Hamburg nicht enthalten. Von dort
wurden keine Daten zur Verfügung gestellt.
Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten des
Statistischen Bundesamtes unter:
www.destatis.de-->Publikationen-->Thematische
Veröffentlichungen-->Soziales
Die vollständige Pressemitteilung (inklusive PDF-Version) sowie
weitere Zusatzinformationen und -funktionen, ist im Internet-Angebot
des Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de/presseaktuell zu
finden.
Weitere Auskünfte gibt:
Stefanie Lehmann, Telefon: (0611) 75-8473, www.destatis.de/kontakt
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
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E-Mail: presse(at)destatis.de