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Studie von Bain&Company zur Profitabilität im europäischen Bankensektor / Nur wenige europäische Banken verdienen ihre Kapitalkosten

ID: 919503

(ots) -
- Erstmalige Analyse der finanziellen Situation von 121 europäischen
Banken zeigt:
- Die risikogewichtete Rendite liegt durchschnittlich weit unter
den Kapitalkosten
- Fünf Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise vernichten
viele europäische Banken weiter Wert
- Konjunktur im jeweiligen Heimatmarkt beeinflusst Rentabilität
entscheidend
- Deutsche Banken liegen im internationalen Vergleich nur im
Mittelfeld
- Bankensektor steht vor weiterer Restrukturierung

Eine hohe Kreditrisikovorsorge und steigende operative Kosten
tragen maßgeblich dazu bei, dass es vielen europäischen Banken auch
fünf Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise nicht gelingt, ihre
Kapitalkosten zu verdienen. Die risikogewichtete Rendite (Return on
Risk Weighted Assets, RoRWA) lag 2012 durchschnittlich bei 0,5
Prozent. In einer neuen Studie analysiert die internationale
Managementberatung Bain & Company die Profitabilität der
Finanzinstitute in den wichtigsten europäischen Märkten und
angrenzenden Staaten. Deutsche Banken (RoRWA: plus 0,7 Prozent)
schlagen sich demnach besser als Finanzinstitute in anderen großen
Eurostaaten wie Frankreich (plus 0,3 Prozent) und Italien (minus 0,6
Prozent). Doch ihre Rentabilität erreicht bei Weitem nicht das Niveau
der Banken in Skandinavien (plus 1,9 Prozent) sowie in
wachstumsstarken Volkswirtschaften wie der Türkei (plus 4,9 Prozent).

Für die Studie analysierte Bain die Entwicklung von 121 Banken aus
der Europäischen Union, den vier wachstumsstärksten GUS-Staaten,
Südafrika und der Türkei in den Jahren 2008 bis 2012. Das Ergebnis:
Im Durchschnitt fiel die Rendite der risikogewichteten Aktiva, der
sogenannte RoRWA, bis 2012 auf 0,5 Prozent. 2010 hatte sie sich
immerhin noch auf 1,3 Prozent belaufen. Dies entspricht für 2012
einer Eigenkapitalrendite (RoE) von 4,9 Prozent, die damit weit unter




den Kapitalkosten der Banken liegt. Demzufolge vernichten viele
europäische Banken fünf Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise
weiterhin Wert. Bei anhaltendem Druck auf Erlöse und Margen lässt
sich das vor allem auf zwei Faktoren zurückführen: Uneinbringliche
und ausfallgefährdete Kredite erforderten 2012 höhere
Wertberichtigungen und verursachten entsprechende Risikokosten.
Gleichzeitig stiegen seit 2010 die operativen Kosten gemessen am
Anteil an den risikogewichteten Aktiva und den Erträgen deutlich an.
Die durchschnittliche Cost-Income-Ratio der europäischen Banken lag
2012 bei 70 Prozent gegenüber 62 Prozent im Jahr 2010.

Walter Sinn, Leiter der Banking-Praxisgruppe von Bain & Company im
deutschsprachigen Raum und Co-Autor der Studie, folgert aus den
Ergebnissen: "Die Situation für europäische Banken bleibt
herausfordernd. Angesichts weiterhin schwieriger Marktbedingungen und
verschärfter Regulierung müssen die Renditeansprüche gesenkt werden.
Mehr denn je kommt es jetzt auf ein konsequentes Bilanz- und
Kostenmanagement an. Die Restrukturierung des europäischen
Bankensektors ist noch lange nicht zu Ende."

Regionale Unterschiede: Wachstumsmärkte schneiden besser ab

Die Analyse offenbart einen engen Zusammenhang zwischen der
Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in einem Land und der
jeweiligen risikogewichteten Rendite der dort beheimateten
Finanzinstitute. So lag der RoRWA 2012 in den krisengeplagten
Kernmärkten Europas durchschnittlich bei lediglich 0,1 Prozent. Für
wachstumsstarke Länder wie Polen und die Türkei ergibt die Analyse
ein ganz anderes Bild: Hier liegt die risikogewichtete Rendite im
Durchschnitt bei 3,3 Prozent und damit über den Kapitalkosten. Das
Wachstum in diesen Märkten beruht vor allem auf hohen Zinsergebnissen
und Gebühreneinnahmen. Hinzu kommen ein Anstieg der Margen und ein
Rückgang der Risikokosten in den Jahren 2008 bis 2012. Ein zentrales
strategisches Thema für international tätige Banken ist vor diesem
Hintergrund der Aufbau entsprechender Präsenzen in den
Wachstumsmärkten der Zukunft.

In den Kernmärkten Europas steht die Profitabilität der Banken
unter Druck. Es gibt allerdings erhebliche Unterschiede in der
Performance der einzelnen Häuser. Ein effizientes Management bleibt
vor diesem Hintergrund ein entscheidender Erfolgsfaktor, denn der
laufende Umbau der Geschäftsmodelle stellt europäische Banken vor
enorme Herausforderungen. Zentrale Aufgabe in allen Ländern ist die
entschlossene Restrukturierung und damit verbunden Themen wie
De-Leveraging und Kostenreduzierung. Hinzu kommen ein systematisches
Risikomanagement sowie eine konsequente Reaktion auf die
Veränderungen im Kundenverhalten infolge des anhaltenden
Vertrauensverlusts.

Bei Banken kommt es auf die Größe an

Größe hat einen entscheidenden Einfluss auf die Rentabilität der
Banken. In den europäischen Kernmärkten schnitten die zehn größten
grenzüberschreitend tätigen Banken gemessen an der Summe der Aktiva
und der Marktkapitalisierung am besten ab: Ihre risikogewichtete
Rendite lag im Durchschnitt bei 0,9 Prozent. Sie waren vor allem in
der Lage, höhere Zinsmargen und Gebühren mit ihren risikogewichteten
Aktiva zu verdienen. Diesen Vorteilen auf der Ertragsseite standen
allerdings auch die höchsten Kostensteigerungen gegenüber. "Es fällt
auf, dass gerade die großen paneuropäischen Banken auf der
Kostenseite seit 2010 zugelegt haben", erklärt Bain-Bankenexperte
Walter Sinn. "Trotz notwendiger Investitionen in Digitalisierung und
IT-Plattformen steht für diese Häuser das Thema Kosteneffizienz ganz
oben auf der Agenda."

Kleinere, lokal in einem Land tätige Finanzinstitute kämpfen
aktuell vor allem mit ausfallgefährdeten Krediten und stagnierenden
Erträgen. Diese Banken haben seit Anfang der Krise die größten
Restrukturierungsanstrengungen unternommen und dabei Risk Weighted
Assets (RWA) von 20 Prozent abgebaut. Doch die risikogewichtete
Rendite lag auch danach im Durchschnitt bei minus 1,1 Prozent. Dies
unterstreicht, dass kleinere Finanzinstitute bis heute erheblich
stärker unter den Folgen der globalen Finanzkrise leiden.

Deutsche Banken liegen nur im Mittelfeld

Ein wichtiger Einflussfaktor für die Lage der Banken ist die
Konjunktur im jeweiligen Heimatmarkt. Dies gilt vor allem für die
wachstumsstarken Länder am Rande Europas und darüber hinaus. Die
höchste risikogewichtete Rendite in der Bain-Studie erzielten 2012
türkische Banken, die bereits seit 2008 mit polnischen und
südafrikanischen Finanzinstituten um die Spitzenposition ringen (vgl.
Tabelle). Daneben entwickelten sich die Banken in Skandinavien und
Österreich am beständigsten. Deutsche, Schweizer sowie belgische und
niederländische Banken befinden sich seit der Finanzkrise im Aufwind.
Britische und französische Banken treten dagegen auf der Stelle,
obwohl Standard Chartered, HSBC und BNP Paribas zu den 15 besten
Banken in Europa zählen. Die schwächsten Werte erzielten
Finanzinstitute in Irland, Portugal und Spanien - eine Folge der
Staatsschuldenkrise und der tiefen Rezession in diesen Ländern.

"Einige europäische Banken könnten an der Restrukturierung
scheitern", sagt Bain-Partner Walter Sinn. "Für die kommenden Jahre
ist daher eine stärkere Dynamik hinsichtlich der Übernahme von Banken
in Europa und eine weitere Konsolidierung zu erwarten."

Zentrale Bausteine zur Optimierung der Rentabilität

Wie können Banken der Dauerkrise entkommen? Die Bain-Studie zeigt
die vier entscheidenden Stellhebel, mit denen Finanzinstitute ihre
Erträge steigern, ihre Kosten senken und ihr Risikoprofil verbessern
können:

- Zur Steigerung der Profitabilität über das Niveau der
Kapitalkosten bedarf es eines konsequenten Umbaus der
Geschäftsmodelle. Die kommende Regulierung begünstigt die notwendige
stärkere Konzentration auf das Kerngeschäft.

- Unabhängig von ihrer Größe und ihrem Standort müssen die Banken
ihre Kosten weiter reduzieren. Nachdem die Finanzinstitute in den
vergangenen Jahren leicht realisierbare Sparmaßnahmen durchgesetzt
haben, gilt es jetzt, eine nochmalige und nachhaltige Senkung der
Kosten um mehr als 20 Prozent zu erreichen.

- Die Banken müssen ihre Assets noch stärker zurückführen, also
das De-Leveraging verstärken. Durchschnittlich haben europäische
Banken seit 2008 ihre RWA nur um vier Prozent gesenkt, das
Risikoprofil blieb dabei weitgehend unverändert.

- Größere Banken können ihre Stellung durch Übernahme von Aktiva
kleinerer, lokal tätiger Banken sowie von Finanzinstituten in den
wachstumsstarken europäischen Peripherieländern ausbauen.
Entscheidend ist hierfür ein intelligentes Management sämtlicher
Aktivitäten in der Region.

Bain-Experte Walter Sinn fasst zusammen: "Die Suche nach der neuen
Normalität im europäischen Bankensektor geht weiter, die
Restrukturierung tritt in die nächste Phase ein. Banken müssen jetzt
mit aller Entschlossenheit handeln."

Die risikogewichtete Rendite

Die risikogewichtete Rendite (engl. Return on Risk Weighted
Assets, RoRWA) stand lange im Schatten anderer Kennzahlen im
Bankensektor. Dabei erlaubt sie wie kaum eine andere Größe einen
gleichzeitigen Blick auf die Bilanz und die Ertragsrechnung. Sie wird
ermittelt als das Verhältnis aus operativem Vorsteuerergebnis und
risikogewichteter Aktiva. Im Zeitablauf zeigt sie damit im Nenner,
wie gut das Risikomanagement einer Bank funktioniert, und im Zähler,
wie sich Erträge und Kosten entwickeln.



Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik, Bain & Company Germany, Inc., Karlsplatz 1,
80335 München
E-Mail: leila.kunstmann-seik(at)bain.com, Tel.: +49 (0)89 5123 1246,
Mobil: +49 (0)151 5801 1246


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Datum: 01.08.2013 - 09:29 Uhr
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