(ots) - Das ist natürlich ein Treppenwitz der jüngeren
politischen Geschichte: Edward Snowden erhält Asyl in Russland. Der
US-Amerikaner von der NSA, der öffentlich macht, dass seine Truppe
die ganze Welt ausspäht, begibt sich in die Obhut eines Staates, der
von dem Ex-KGB-Mann Wladimir Putin kujoniert wird. Ein Schelm, wer
Böses dabei denkt. Denn es bereitet Putin diabolisches Vergnügen, den
Westen zu ärgern. In seiner Präsidial-Diktatur gibt es keine
unabhängige Justiz und der Geheimdienst darf ungestraft alles und
jeden überwachen.
Trotzdem ist Snowdens Entscheidung, das Asylangebot anzunehmen, zu
verstehen: In seiner Heimat erwartet ihn ein Gerichtsverfahren, das
zwar nach den Maßstäben einer westlichen Demokratie zivilisiert
verlaufen würde - gleichwohl müsste er mit einer vieljährigen
Haftstrafe rechnen. Für eine kleine Heldentat. Denn Snowden hat
offenbart, was eigentlich offen auf der Hand lag: Spione spionieren
alles aus, was sie kriegen können. Und die NSA kriegt alles.
Technisch kein Problem.
Eine Frage: Wie weit geht eigentlich in West-Europa die
Rücksichtnahme, um nicht zu sagen Abhängigkeit in Bezug auf unsere
amerikanischen Freunde, dass einer Person wie Snowden nichts anderes
übrig bleibt, als in Russland oder Venezuela (auch nicht gerade ein
Hort der Freiheit) Asyl zu beantragen? Traurig, traurig.
Vielleicht eine persönliche Anmerkung: Mir ist es egal, ob ich
überwacht werde. Ich habe nichts groß zu verheimlichen. Aber darum
geht's nicht. Ein Rechtsstaat muss die Privatsphäre des Einzelnen
respektieren. Diese Prämisse für alles andere haben die USA und ihre
Bürger nach 9/11 kassiert. Im übrigen ist eine Grundannahme, dass
alle Menschen tendenziell etwas Böses wollen und deshalb
flächendeckende Rasterfahndung gerechtfertigt sei, mit einem
christlichen Menschenbild unvereinbar.
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Oldenburgische Volkszeitung
Andreas Kathe
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