(ots) - Parteienforscher für kurzfristige
Veröffentlichung von Wahlumfragen
Falter: Ein Verbot per Gesetz gibt es nicht - "Piraten-Anhänger
kommen in vielen Umfragen nicht vor"
Osnabrück.- Der Mainzer Parteienforscher Jürgen W. Falter hat
sich dafür ausgesprochen, auch einen Tag vor der Bundestagswahl noch
aktuelle Umfragewerte zu veröffentlichen. Im Interview der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Montag) wandte sich Falter gegen die Praxis von
ARD und ZDF, kurzfristig keine Zahlen der Meinungsforschungsinstitute
mehr bekanntzugeben. Ein gesetzliches Verbot einer Prognose am
Samstag vor der Wahl gebe es nicht. "Es ist nur so, dass ARD und ZDF
das nicht genehmigen wollen." Das Argument der Wählerbeeinflussung
wies Falter zurück: "Wenn man eine Woche vor der Wahl nichts mehr
sagt, ist das ja auch eine Wählerbeeinflussung."
Der Parteienforscher erklärte, bis ein, zwei Wochen vor der Wahl
seien rund 30 Prozent der Wähler nicht definitiv festgelegt. Zehn
Prozent würden sich erst am Wahltag endgültig entscheiden. "Da sind
alle möglichen Überraschungen denkbar", erklärte Falter.
Nach seiner Einschätzung könnten Piraten und Sozialdemokraten bei
der Wahl mehr Stimmen bekommen als derzeit vorhergesagt. Viele
potenzielle Anhänger der Piraten würden in Telefonumfragen nicht
berücksichtigt, weil sie keinen Festnetz-Anschluss mehr hätten. "Die
kommen in die üblichen Wahlumfragen nicht rein, weil nicht alle
Institute Handy-Nutzer in ihre Telefonumfragen einbeziehen", sagte
der Parteienforscher. "Das ist noch ein verstecktes Potenzial." Auch
die SPD habe die Chance, besser abzuschneiden als in den Umfragen.
Dies habe die Aufholjagd im Bundestagswahlkampf 2005 mit dem
damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder gezeigt.
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Parteienforscher: Rot-grüne Minderheitsregierung im Bund denkbar
Falter sieht Nordrhein-Westfalen als mögliches Vorbild -
"Negativ-Kampagne der SPD gegen Merkel wenig erfolgversprechend"
Osnabrück.- Nach der Bundestagswahl am 22. September hält der
Mainzer Parteienforscher Jürgen W. Falter eine von der Linken
tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung für denkbar. In einem
Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte Falter,
so eine Koalition sei verfassungsrechtlich ohne weiteres möglich.
"Das könnte man dann so machen wie in Nordrhein-Westfalen, in der
Hoffnung, dass die Bürger dann nach anderthalb Jahren entdecken: Das
ist ja doch nicht die Beelzebub-Koalition", erklärte der
Parteienforscher. "Dann könnte man Neuwahlen herbeiführen." Die
Linkspartei hatte 2010 in Nordrhein-Westfalen eine rot-grüne
Minderheitsregierung toleriert. Knapp zwei Jahre später scheiterte
das Projekt. Bei der anschließenden Neuwahl verbuchten SPD und Grüne
so viele Stimmengewinne, dass es für eine Mehrheit reichte.
Eine Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP werde es "mit
Sicherheit" nicht geben, sagte Falter. Er schloss ebenfalls eine
Jamaika-Koalition (Schwarz-Grün-Gelb) aus, allein schon, weil Union
und Grüne zusammen eine klare Mehrheit auf die Waage brächten.
Kritisch äußerte sich Falter zur Wahlkampagne der SPD gegen
Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Die Deutschen seien nach
allen Umfragen relativ zufrieden mit Merkel. "Wenn es eine
Negativ-Kampagne gegen die Koalition wäre, dann wäre das
wahrscheinlich erfolgversprechender." Die Negativ-Kampagne führe
lediglich dazu, dass die positiven Botschaften der SPD weitgehend
verloren gingen.
Die SPD bewege sich außerdem von ihrer ursprünglichen
Wahlkampfstrategie weg, in dem sie sich in das Thema NSA "verbeißen"
wolle. "Das kann ihr aber keine Punkte einbringen", sagte Falter.
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