(ots) - Die Bundesregierung blockiert den Aktionsplan der
OECD gegen Steuervermeidung, mit dem für mehr Transparenz bei den
Unternehmensbilanzen gesorgt werden soll. Dies geht aus geheimen
Weisungen des Bundeswirtschaftsministeriums von 2012 hervor, die dem
WDR jetzt vorliegen. Darin heißt es wörtlich: "Deutschland kann eine
Erweiterung der länderbezogenen Berichtspflicht auf weitere Branchen
wie Banken, Telekommunikation und Bau in keinem Fall mittragen." (Die
Story im Ersten,"Steuerfrei: Wie Konzerne Europas Kassen plündern"
von Jan Schmitt und Frank Konopatzki, Das Erste, Montag, 19. August
2013, 22.55 bis 23.40 Uhr, Redaktion Petra Nagel)
Im Gegensatz dazu hatte sich Bundesfinanzminister Schäuble in
diesem Jahr beim G20-Finanzministertreffen im Februar und Juli in
Moskau ausdrücklich für eine strengere Berichtspflicht der Konzerne
ausgesprochen. Der Plan hatte von allen G20-Finanzministern offiziell
"die volle Unterstützung" erhalten und soll von den Staats- und
Regierungschefs am 5. September in St. Petersburg bekräftigt werden.
Auf Anfrage des WDR lässt Wirtschaftsminister Rösler am 5. Juli
2013 mitteilen: "Mit einer Ausweitung des sog. country-by-country
reporting auf Unternehmen aller Branchen würden bürokratische Lasten
auf Unternehmen übertragen, ohne dass ein erkennbarer Nutzen daraus
folgt."
Bei der Initiative für mehr Transparenz in Unternehmensbilanzen
hatten Finanzminister Schäuble und OECD-Generalsekretär GurrÃa sich
ausdrücklich für das country-by-country-reporting eingesetzt. Dabei
sollen Unternehmen aufschlüsseln, welche Gewinne sie in welchem Land
machen und wie viel Steuern sie pro Land bezahlen. Damit würde offen
gelegt, wie viel Gewinne die Unternehmen über Steueroasen abrechnen.
Ein wichtiger Schritt gegen Steuerflucht.
Die Verhandlungen der EU-Finanzminister zur
"Rechnungslegungsrichtlinie" die mit dem country-by-country-reporting
korrespondiert, dauerten bis April 2013. Vereinbart wurde schließlich
eine länderweise Berichtspflicht für Unternehmen der Rohstoffbranche.
In dieser Form spielt sie für Deutschland nur eine sehr geringe
Rolle. Im Gegensatz zu Branchen wie Banken oder Telekommunikation.
Der Europaabgeordnete der Grünen Sven Giegold zeigt sich von den
Weisungen entsetzt. Dem WDR gegenüber sagte er: "Diese Weisungen
zeigen, dass tatsächlich Deutschland jeglichen Fortschritt im Bereich
der Transparenzverpflichtung über Steuerzahlungen mit Hilfe des
europäischen Rechts hintertrieben hat."
Große Konzerne spielen die EU-Länder im Steuerwettbewerb geschickt
gegeneinander aus. Sie nehmen in immer größerem Umfang
Steuerschlupflöcher in Anspruch, um sich einer angemessenen
Unternehmenssteuer entziehen.
Die ARD/WDR-Dokumentation "Steuerfrei: Wie Konzerne Europas Kassen
plündern" von Jan Schmitt und Frank Konopatzki, Montag, 19. August,
um 22.55 im Ersten, Redaktion Petra Nagel.
Der Film ist vorab im Vorführraum der WDR-Presselounge zu sehen.
Pressekontakt:
Rückfragen
WDR Presse und Information
Telefon 0221 220 7100
wdrpressedesk(at)wdr.de