(ots) - Wegweisend
Die Göttinger Richter betreten mit dem Organspende-Prozess
juristisches Neuland. Zu klären ist unter anderem, ob der wegen
versuchten Totschlags angeklagte Arzt strafrechtlich belangt werden
kann. Aber es ist gar nicht klar, wessen Tod er angeblich in Kauf
genommen hat. Kranke sind womöglich gestorben, weil sie nicht
rechtzeitig ein neues Organ bekamen. Doch ist ihr Tod eindeutig auf
die Manipulationen des Mediziners zurückzuführen, der eigene
Patienten auf der Warteliste nach vorne mogelte?
Wenn der Verteidiger des Angeklagten die Vorwürfe nun als bloße
Ordnungswidrigkeit einstuft, so mag das gefährlich bagatellisierend
klingen - nach den Richtlinien der Bundesärztekammer ist es aber
legitim. Unklug angelegt sind diese Vorgaben mithin: Sie verharmlosen
Fälschungen und bergen das Risiko, das Vertrauen von Patienten in das
Vergabesystem vollends zunichtezumachen. Die Spendenbereitschaft sank
nach den Manipulationsskandalen ins Bodenlose.
Auch hier müssen die Richter Pionierarbeit leisten: Welches Recht
kann in diesem Fall überhaupt gelten, wenn es zum fraglichen
Zeitpunkt nicht strafbar war, Wartelisten zu manipulieren?
Das Urteil der Richter wird in jedem Fall wegweisend sein - wobei
Göttingen nicht die letzte Instanz sein muss. Der Fall kann durchaus
vor dem Bundesgerichtshof landen. Immerhin soll er die Grundlage
dafür liefern, das Transplantationssystem künftig vertrauenswürdiger
zu machen.
Cornelia Mönster
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