(ots) - Kein vorschnelles Urteil
Schon in der Antike galt es als klug, einen Gegner als besonders
wild und brutal darzustellen. Dies schließt die Reihen und stellt den
eigenen Mut heraus. Tauchen wie jetzt Bilder aus Syrien auf, die eine
verabscheuungswürdige Untat des Machthabers Baschar al-Assad plakativ
belegen sollen, ist in der Beurteilung deshalb größte Vorsicht
geboten.
Was ist Wirklichkeit? Wer hier wen warum und wie getötet hat, muss
vorerst offenbleiben - und somit die Frage der Schuld. Dass Assad
großflächig Dörfer mit Gas hat bombardieren lassen, während zugleich
UN-Kontrolleure nach winzigsten Spuren solcher Einsätze suchen, ist
eine mögliche, aber nicht recht plausible Erklärung.
Wenn es denn chemische Waffen waren, könnten sie ebenso in einem
Unterschlupf von Terroristen deponiert gewesen und bei einem
Luftangriff detoniert sein. Erst kürzlich hat die türkische Polizei
zwei Kilogramm des Nervengases Sarin beschlagnahmt. Sie fand es in
den Häusern von Aktivisten der syrischen Al-Kaida. Radikale Kräfte
verfügen demnach über das Gas. Ebenfalls denkbar ist sogar, dass
Islamisten es selbst freisetzen, um einen Sturz des Diktators zu
befördern. Würden US-Truppen ihn ausschalten, hätten seine Gegner im
Anschluss leichteres Spiel bei der Machtübernahme.
So schwer der Anblick der toten Kinder aus Syrien auch zu ertragen
ist: Zu vorschnellen Schlüssen in diesem unseligen Konflikt darf er
nicht führen.
Burkhard Ewert
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