(ots) - Die Armutsgefährdung war im Jahr 2012 in den
neuen Ländern nach wie vor deutlich höher als im früheren
Bundesgebiet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lag
die Armutsgefährdungsquote in Ostdeutschland bei 19,7 % und in
Westdeutschland bei 14,0 %. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht
Daten zur Armutsgefährdung auf Grundlage des Mikrozensus seit dem
Jahr 2005. Seitdem haben sich die Armutsquoten in Ost- und
Westdeutschland zwar angenähert, dennoch blieb die Armutsgefährdung
in Ostdeutschland auch 2012 höher. 2005 galten 20,4 % der
ostdeutschen Bevölkerung und 13,2 % der Menschen in Westdeutschland
als armutsgefährdet.
Am geringsten ist die Armutsgefährdung seit 2005 durchgängig in
Baden-Württemberg und Bayern, am höchsten seit 2010 in Bremen und
Mecklenburg-Vorpommern. 2012 lag das Armutsrisiko in
Baden-Württemberg bei 11,1 % und in Bayern bei 11,2 %. In Bremen und
in Mecklenburg-Vorpommern war es rund doppelt so hoch (Bremen 23,1 %;
Mecklenburg-Vorpommern 22,9 %).
Im Vergleich der Jahre 2012 und 2005 ist das Armutsrisiko am
stärksten in Thüringen und Sachsen-Anhalt gesunken. Am stärksten
gestiegen ist es in Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Von den 15 bevölkerungsreichsten Großstädten der Bundesrepublik
Deutschland war das Armutsrisiko im Jahr 2012 in München (11,4 %) und
Stuttgart (13,4 %) am geringsten. Am höchsten war die
Armutsgefährdung in Dortmund (26,4 %), Leipzig (25,9 %) und Duisburg
(25,1 %).
Im Vergleich zum Jahr 2005 ist das Armutsrisiko in Hamburg,
Nürnberg und Dresden gesunken. In den übrigen untersuchten
Großstädten ist es gegenüber 2005 angestiegen: Den stärksten Zuwachs
bei der Armutsgefährdung hatten Duisburg, Dortmund, Düsseldorf und
Köln.
Methodische Hinweise:
Diese Ergebnisse gehen aus aktuellen Berechnungen auf Basis des
Mikrozensus hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und
der Länder im Rahmen des Projekts "Sozialberichterstattung der
amtlichen Statistik" durchgeführt wurden. Der Mikrozensus ist die
größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa; er bietet aufgrund
seiner Stichprobengröße die Möglichkeit, für alle Bundesländer
verlässliche Indikatoren zu ermitteln und zu vergleichen. Gemäß der
Definition der Europäischen Union gelten Menschen als
armutsgefährdet, die mit weniger als 60 % des Medians der
Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten auskommen
müssen. Das Äquivalenzeinkommen wird auf Basis der 1994 entwickelten
neuen OECD-Skala berechnet. Nach dieser wird der ersten erwachsenen
Person im Haushalt das Bedarfsgewicht 1 zugeordnet, für die weiteren
Haushaltsmitglieder werden kleinere Gewichte eingesetzt (0,5 für
weitere Personen im Alter von 14 und mehr Jahren und 0,3 für jedes
Kind im Alter von unter 14 Jahren), weil angenommen wird, dass sich
durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen erreichen lassen. Nach
den Ergebnissen des Mikrozensus 2012 galten im Jahr 2012
beispielsweise Einpersonen-Haushalte mit einem monatlichen Einkommen
von weniger als 869 Euro als armutsgefährdet. Die Grundlage der hier
veröffentlichten Armutsgefährdung ist die Armutsgefährdungsschwelle
auf Bundesebene (Bundesmedian), die für Bund und Länder einheitlich
ist und somit einen regionalen Vergleich ermöglicht.
Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen mehrere
Datenquellen der amtlichen Statistik in Betracht. Auf europäischer
Ebene und auf Bundesebene (insbesondere im Armuts- und
Reichtumsbericht der Bundesregierung) wird zur Berechnung von
Indikatoren, die die Einkommensarmut und -verteilung betreffen, die
Statistik "Leben in Europa" (EU-SILC) als Datengrundlage
herangezogen. Nach den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebung ergab sich,
bezogen auf das Einkommensreferenzjahr 2010, bundesweit eine
Armutsgefährdungsquote von 15,8 %. Zu beachten ist, dass sich
Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zu Grunde liegenden
Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich
des Stichprobendesigns unterscheiden. Für die Darstellung
vergleichbarer Indikatoren auf Ebene der Bundesländer kann EU-SILC
nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um
auch für kleinere Bundesländer die entsprechenden Indikatoren
auszuweisen.
Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten gemessen am
Bundesmedian werden im Rahmen der Sozialberichterstattung der
amtlichen Statistik auch Armutsgefährdungsquoten gemessen am Landes-
beziehungsweise regionalen Median berechnet. Hierzu wird das mittlere
Einkommen (Median) im jeweiligen Bundesland beziehungsweise in der
jeweiligen Region herangezogen. Dadurch wird den Unterschieden im
Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen
Rechnung getragen. Regionale Einkommensunterschiede werden zum Teil
durch Unterschiede im Preisniveau (insbesondere im Mietniveau)
ausgeglichen. Dies kann dazu führen, dass die Armutsgefährdung
gemessen am Bundesmedian in prosperierenden Regionen unterschätzt und
andererseits die Armut in Regionen mit einem relativ niedrigen
Einkommensniveau überschätzt wird.
Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten
Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das
bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses
Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquoten zur
Folge haben können. Deshalb sollten nur über einen längeren Zeitraum
stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt
insbesondere für Armutsrisikoquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder
für regional tief gegliederte Ergebnisse. Diese und weitere Armuts-
und Sozialindikatoren, zum Teil in tiefer regionaler Gliederung,
sowie detaillierte methodische Erläuterungen zu den Datenquellen und
den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internetangebot der
Statistischen Ämter des Bundes und der Länder unter
http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de zur Verfügung. Dort
finden sich auch Armutsgefährdungsquoten, die auf Basis regional
unterschiedlicher Armutsgefährdungsschwellen ermittelt wurden.
Weitere Auskünfte gibt:
Christian Prinz, Telefon: (0611) 75-8854 www.destatis.de/kontakt
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Pressestelle
E-Mail: presse(at)destatis.de