(ots) - Der Horst im Naturreservat Teici in Lettland ist
leer. Der junge Schreiadler "Pepe" bereitet sich nämlich mit vielen
Flugstunden auf seine erste große Reise Richtung Südafrika vor. Die
Webcam von "Adler-TV" (www.Schreiadler.org), die das Brutgeschehen
und die Aufzucht aus der Kinderstube des Schreiadlerkükens seit dem
Frühjahr live ins Internet übertragen hat, wurde jetzt abgeschaltet.
In wenigen Tagen wird der Jungvogel allein auf sich gestellt den
Zug ins Winterquartier antreten, da die Altvögel in der Regel einige
Tage früher aufbrechen. Auf seinem 10.000 Kilometer langen Flug in
den Süden Afrikas steht dem Jungvogel dann eine kräftezehrende und
sehr gefährliche Zeit bevor. "Bei der Überquerung der Länder des
Nahen Ostens, aber auch im Süden der Türkei sind Schreiadler immer
noch durch illegale Jagd gefährdet", sagt Dr. Andreas Kinser,
Projektmanager der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Ãœberlebenschance
der Jungvögel ist sehr gering. "Unsere Studien haben in den
vergangenen Jahren leider gezeigt, dass drei von vier Jungadlern in
den nächsten Monaten wahrscheinlich ertrinken, verhungern oder
abgeschossen werden", sagt Kinser. Dabei ist jeder Verlust von
immenser Bedeutung, denn Schreiadler gehören zu den am stärksten
gefährdeten Vogelarten in Deutschland.
Mit knapp hundert Brutpaaren hat der Schreiadler hierzulande
längst einen Stammplatz auf der Roten Liste der Brutvögel. Die
letzten "Pommernadler", wie der Schreiadler auch genannt wird, brüten
in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. "Ursachen für den
Bestandsrückgang sind vor allem Intensivierungen in der Land- und
Forstwirtschaft", sagt Dr. Andreas Kinser. In einem Modellprojekt,
das durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des
Bundesumweltministeriums gefördert wird, erprobt die Deutsche
Wildtier Stiftung daher gemeinsam mit den Landbewirtschaftern, wie
eine schreiadlerfreundliche Nutzung der Lebensräume in die Betriebe
integriert werden könnte.
Wenn alles gut geht, kehren die seltenen Vögel Anfang April
nächsten Jahres zurück und landen vielleicht wieder direkt vor den
Kameras von Adler-TV. Die Web-Kamera war Teil eines lettischen
Forschungsprojektes, das der lettische Schreiadler-Experte und
Kooperationspartner der Deutschen Wildtier Stiftung, Ugis Bergmains,
initiiert hat.
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