(ots) - Mit einer Mischung aus Entsetzen und
Fassungslosigkeit schaut man derzeit auf das diplomatische Desaster,
das der Westen in der Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg in
Syrien verursacht. Ohne Not hat US-Präsident Obama sich in eine
Verliererposition manövriert. Seine Formulierung von der "roten
Linie", die mit einem Einsatz von chemischen Waffen überschritten
werde, hat ihn in die Sackgasse des Ultimatums geführt. Nicht mehr
Obama ist jetzt Herr der Situation, sondern der verbrecherische
Präsident und Menschenrechtsmissachter Assad. Indem Assad Giftgas
einsetzt, zwingt er Obama zu einer Reaktion: Entweder der
US-Präsident holt zum Militärschlag aus, oder er macht sich vor der
Weltöffentlichkeit zum hilflosen Pappkameraden. Das ist so mit die
schlimmste Situation, in die das US-Staatsoberhaupt sich und die
Verbündeten manövrieren konnte. Das britische Unterhaus hat mit
seiner Weigerung, sich an einem solchen Schlag zu beteiligen, dem
eigenen Premierminister die Gefolgschaft versagt. Die französische
Regierung will an der Seite der USA notfalls auch mit Militär in den
Koflikt ziehen. Die Bundesrepublik ist drei Wochen vor der Wahl de
facto handlungsunfähig, weil die Regierung sich nicht mehr klar
positionieren will. So zerschießt man ein Bündnis. Zuletzt hat das
der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit seiner
Formulierung vom "alten" und "neuen" Europa vor dem Irak-Krieg
geschafft. Nun eifert ausgerechnet der Demokrat Obama seinem
gescholtenen Amtsvorgänger Bush nach, der mit der Lüge von chemischen
Waffen in Saddams Besitz in den Krieg zog und die Region ins Unglück
stürzte, aus dem sie nicht herausfindet. Macht das was mit dem
deutschen Wahlkampf? Bemerkenswert ist immerhin, wie schnell
Bundesaußenminister Guido Westerwelle gestern betonte, dass es eine
deutsche Beteiligung an einem Militärschlag gegen Syrien nicht geben
werde. Ebenfalls alarmiert scheint Bundeskanzlerin Angela Merkel zu
sein, die auf den G-20-Gipfel der Industrie- und Schwellenländer
nächste Woche setzt. Beide ahnen, dass das Thema Syrien dem
SPD-Herausforderer Peer Steinbrück ein bislang fehlendes
Mobilisierungsthema liefern könnte. In der Tat ist Steinbrücks
Vorschlag eines vierköpfigen Syrien-Gipfels mit UNO-Generalsekretär
Ban Ki Mun, US-Präsident Obama, Russlands Präsident Putin und einem
Spitzenvertreter der Arabischen Liga bedenkenswert. So könnte man die
Diplomatie zurück ins Rennen bringen und zunächst eine Waffenruhe
ermöglichen. Mit einer Rückkehr zur Diplomatie wäre schon viel
gewonnen. Jedenfalls mehr als mit einem kopflosen Bombardement als
Strafmaßnahme gegen Syrien, bei dem man fürchten muss, dass darunter
weder das Regime noch dessen ebenfalls zweifelhafte Gegner, sondern
nur die Menschen leiden würden. Ob Obama nach dem Streit mit Putin
wegen des Ex-Agenten Snowden dazu bereit ist, ist allerdings eher
zweifelhaft. Man muss trotzdem darauf hoffen.
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