(ots) - Erst seit vergangenem Sonntag, als im
Fernsehstudio nach dem "TV-Duell" zwischen CDU-Kanzlerin Angela
Merkel und ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück die Scheinwerfer
erloschen, hat der Bundestagswahlkampf begonnen. Allgemein wird
konstatiert, dass Steinbrück Boden gut gemacht hat. Er widerlegte das
verbreitete Klischee, er sei ein Tölpel. Merkel blieb eher blass, was
ihrer Partei jedoch bislang nicht schadet. Die CDU-Vorsitzende war
jedoch immer eine Umfragekönigin, die am Wahltag hinter den
Erwartungen zurückblieb. Wohl deshalb beantwortet sie nun sogar in
Interviews auf dem Petersburger G-20-Gipfel Fragen zur Innenpolitik
und warnt, die Wahl sei nicht gelaufen. In der Tat zeigen sich für
die Merkel-CDU wie für die FDP Probleme bei der Mobilisierung ihrer
Anhänger. Mit 46 bis 48 Prozent der Wahlberechtigten scheint das
bürgerliche Lager "ausmobilisiert". Nun gilt es, die Siegesgewissen
an die Urne zu bekommen. Daher baut Merkel die Warnung vor der
rot-rot-grünen Gefahr in ihre aktuellen Reden ein; sie erfindet
sozusagen eine "Bunte-Socken-Kampagne". Gefahr erwächst Merkel
allerdings vor allem von rechts. Dort blüht im Halbverborgenen die
Alternative für Deutschland. Die Zwei-Themen-Partei ("Raus aus dem
Euro, kein Geld für Griechen") hat den Vorteil jeder
Radikalopposition, dass ihre Lösungen verständlicher klingen als die
komplexen Antworten der Kanzlerin und ihres Finanzministers, die
immer die Wirkung ihrer Äußerungen auf Ausland wie Finanzmärkte
bedenken müssen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD es in den
Bundestag schafft. Sie könnte dort das Blockadepotenzial entwickeln,
das die Linke - noch - auf der anderen Seite des politischen
Spektrums hat. Also dürfte der Satz gelten: Wer AfD wählt, wählt im
Zweifel die Große Koalition. Folglich wird diese Wahl durch das
Abschneiden der Klientelparteien Grüne, Linke, AfD und FDP
entschieden. Wer wenige entscheidende Prozentpunkte hinzugewinnt,
kann Mehrheiten schaffen oder verhindern. Vor dem 22. September gibt
es noch zwei Meilensteine: Die Bayern-Wahl mit der prognostizierten
absoluten CSU-Mehrheit bei Ausscheiden der Liberalen aus dem
Münchener Landtag dürfte taktische Schwarz-Gelb-Wähler für eine
Stimmabgabe zugunsten der FDP bei der Bundestagswahl motivieren. Und
erstmals veröffentlicht das ZDF drei Tage vor der Bundestagswahl eine
Umfrage. Die könnte wegen der noch vielen unentschiedenen Wähler
immense taktische Bedeutung gewinnen. Macht am Ende das ZDF Kanzler
oder Kanzlerin?
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