(ots) - Die Europäische Kommission strebt die ehrgeizigste
Reform der Telekommunikationsmärkte seit der Liberalisierung vor über
20 Jahren an. Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat heute in
seiner diesjährigen Rede zur Lage der Union das Gesetzespaket
"Vernetzter Kontinent" angekündigt. Sobald das Paket verabschiedet
ist, sinken die Verbraucherpreise und der Verwaltungsaufwand für
Unternehmen. Europa soll so wieder eine weltweite Führungsrolle in
der digitalen Wirtschaft erlangen.
"Weitere deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem europäischen
Telekommunikationsbinnenmarkt sind dringend notwendig - für die
strategischen Interessen Europas, den wirtschaftlichen Aufschwung,
für den Telekommunikationssektor selbst und für die Bürgerinnen und
Bürger, die über eingeschränkte und unfaire Internetzugänge wie
Internet und Mobilfunkdienste frustriert sind", sagte Barroso.
Zwar haben mehrere Reformwellen in der EU dazu beigetragen, die
Art und Weise zu verändern, wie Telekommunikationsdienste in der
Europäischen Union bereitgestellt werden. Doch noch immer orientiert
sich der Sektor an 28 nationalen Märkten. Kein einziges
Telekommunikationsunternehmen ist in der gesamten EU vertreten.
Betreiber und Verbraucher stehen unterschiedlichen Vorschriften und
Preisen gegenüber. Diese Probleme sollen mit dem heute vorgelegten
Gesetzespaket bewältigt werden.
Die für Digitale Agenda zuständige Kommissarin Neelie Kroes
erklärte: "Das heute vorgeschlagene Gesetzespaket birgt großartige
Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in
Europa. Die Europäische Kommission sagt nein zu Roamingaufschlägen,
ja zur Netzneutralität, ja zu Investitionen und ja zu neuen
Arbeitsplätzen. Bei den Vorschriften für den Telekommunikationssektor
geht es nicht mehr nur um diesen einen Sektor, sondern um die
Untermauerung einer tragfähigen Entwicklung aller Branchen." Der
Telekommunikationssektor macht zwar nur neun Prozent der digitalen
Wirtschaft Europas aus, aber die weltweite Wettbewerbsfähigkeit aller
Wirtschaftszweige und ihre Möglichkeiten, Dienstleistungen zu
erbringen, hängen immer mehr von ihrer Netzanbindung ab.
Hier die wichtigsten Elemente des Gesetzespakets:
Verdrängung von Roamingaufschlägen vom Markt
Roamingaufschläge für auf Reisen innerhalb der EU angenommene
Anrufe werden ab dem 1. Juli 2014 verboten. Unternehmen hätten die
Wahl, entweder unionsweit geltende Telefontarife anzubieten ("Roaming
zu Inlandspreisen"), deren Preise durch den inländischen Wettbewerb
bestimmt werden, oder ihren Kunden zu erlauben, den Vertrag zu
entkoppeln, also sich für einen anderen Roaminganbieter zu
entscheiden, der günstigere Tarife anbietet (ohne eine neue SIM-Karte
kaufen zu müssen). Dieses Konzept stützt sich auf die
Roamingverordnung von 2012, die den Betreibern ab Juli 2014 Kürzungen
ihrer Vorleistungspreise für Daten von 67 Prozent auferlegt.
Keine Auslandsaufschläge mehr für Anrufe innerhalb Europas
Heutzutage neigen Unternehmen dazu, sowohl Festnetz- als auch
Mobilfunkanrufe vom Heimatland des Verbrauchers in ein anderes
EU-Land mit einem Aufschlag zu belegen. Nach dem heutigen Vorschlag
hätten die Unternehmen keine Möglichkeit mehr, für einen
Festnetzanruf innerhalb der EU mehr zu verlangen als für ein
Inlandsferngespräch. Mobilfunkanrufe innerhalb der EU dürften nicht
mehr als 0,19 EUR pro Minute (zzgl. MwSt) kosten. Mit der Festsetzung
der Preise können Unternehmen ihre objektiv gerechtfertigten Kosten
decken, aber keine willkürlichen Gewinne mehr aus Anrufen innerhalb
der EU erzielen.
Gesetzlicher Schutz für das offene Internet (Netzneutralität)
Das Blockieren und Drosseln von Internetinhalten soll verboten
werden, so dass Nutzer Zugang zu einem uneingeschränkten und offenen
Internet haben, unabhängig von ihren vertraglich vereinbarten Kosten
oder Geschwindigkeiten. Unternehmen können weiterhin "Spezialdienste"
mit zugesicherter Dienstqualität (z. B. IPTV, Video-on-Demand,
Anwendungen wie die hochauflösende Bildgebung in der Medizin,
virtuelle Operationssäle und betriebskritische und datenintensive
Cloud-Anwendungen) anbieten, solange dadurch die den anderen Kunden
zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingeschränkt werden.
Verbraucher hätten das Recht zu überprüfen, ob sie auch die
Internetgeschwindigkeiten erhalten, für die sie zahlen, und ihren
Vertrag zu beenden, wenn solche Zusagen nicht eingehalten werden.
Neue europaweit harmonisierte Verbraucherrechte
Es gibt ein neues Recht auf klar formulierte Verträge mit besser
vergleichbaren Angaben, erweiterte Rechte in Bezug auf den Anbieter-
oder Vertragswechsel, Anspruch auf einen 12-Monats-Vertrag, sofern
keine längere Vertragslaufzeit gewünscht wird, ein Kündigungsrecht,
falls die zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingehalten
werden, sowie das Recht auf Weiterleitung der E-Mails an eine neue
E-Mail-Adresse nach einem Anbieterwechsel.
Koordinierte Zuweisung von Frequenzen
Europäer sollen verstärkt Zugang zu Mobilfunknetzen der vierten
Generation und Wi-Fi erhalten. Mobilfunkbetreiber könnten dank
besserer Bedingungen für die Frequenzzuweisung - wie Koordinierung
der Zeitpläne und Fristen - effizientere und grenzübergreifende
Investitionspläne aufstellen. Die Mitgliedstaaten tragen nach wie vor
die Verantwortung und erzielen weiterhin Einnahmen aus den
entsprechenden Gebühren der Mobilfunkbetreiber, die allerdings
innerhalb besser abgestimmter Rahmenbedingungen tätig sind. Ferner
eröffnen diese Rahmenbedingungen neue Wachstumschancen auf dem Markt
für hochmoderne Telekommunikationsausrüstungen und -geräte.
Größere Sicherheit für Investoren
Die Empfehlung über Nichtdiskriminierungsverpflichtungen und
Kostenrechnungsmethoden ist das zweite Element dieses Gesetzespakets,
das die vorgeschlagene Verordnung ergänzt und mit dieser
ineinandergreift. Ziel ist es, die Rechtssicherheit für Investoren zu
verbessern, ihnen Anreize für verstärkte Investitionen zu geben und
Unterschiede in der Regulierung zu verringern. Dies beinhaltet
erstens eine weitere Harmonisierung und Stabilisierung der Kosten,
die etablierte Betreiber für den Zugang zu ihren herkömmlichen
Kupferleitungsnetzen verlangen dürfen, und zweitens die
Gewährleistung eines wirklich gleichwertigen Netzzugangs für alle
Zugangsinteressenten. Wird der Wettbewerb auf diese Weise gesichert
und die Einhaltung des Nichtdiskriminierungsgebots gewährleistet, so
unterliegen die Preise für den Vorleistungszugang zu Breitbandnetzen
der nächsten Generation dem Markt und nicht mehr der Regulierung,
womit sich der Verwaltungsaufwand für Betreiber verringert.
EU-Kommissarin Neelie Kroes wird das Paket morgen vorstellen. Am
12. September ab 12.30 live hier: http://tinyurl.com/pfsdjwk
Weitere Informationen: http://ots.de/00fPy
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