(ots) - In einem Interview der Fachzeitschrift
"Betriebspraxis & Arbeitsforschung" (Septemberausgabe) hat Dr. Dieter
Hundt über Themen aus seiner 17-jährigen Amtszeit als Präsident der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, gesprochen.
Hundt wird sein Amt nach der Bundestagswahl einem Nachfolger
übergeben. Das gemeinsam mit Professor Sascha Stowasser, Direktor des
Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa, geführte Gespräch
bewegte sich um zentrale Themen aus seiner Amtszeit. Stowasser ist
Herausgeber des arbeitswissenschaftlichen Fachblattes Betriebspraxis
& Arbeitsforschung.
Dr. Dieter Hundt zum Thema Tarifeinheit: "Es ist eine große Gefahr
für die Tarifautonomie in Deutschland, dass die Tarifeinheit noch
nicht wiederhergestellt ist. Ich setze auf einen breiten politischen
Konsens in der nächsten Legislaturperiode, um die Tarifeinheit
gesetzlich zu regeln. Sowohl die Union und Teile der FDP als auch die
SPD wollen dies. CDU und CSU fordern in ihrem gemeinsamen
Wahlprogramm ausdrücklich eine gesetzliche Regelung, damit in einem
Betrieb grundsätzlich wieder ein Tarifvertrag gilt." Hundt
kritisierte, dass sich neue Spartengewerkschaften gebildet hätten.
Tarifeinheitswidrige Arbeitskämpfe hätten bereits "erheblichen
volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet", so der
Arbeitgeberpräsident.
Im Rahmen des Interviews ging der BDA-Präsident auch auf
Auseinandersetzungen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie
und dessen damaligen Präsidenten Hans-Olaf Henkel ein: "Die deutsche
Tarif- und Sozialpartnerschaft ist inzwischen wieder gefestigt. Als
ich zum Arbeitgeberpräsidenten gewählt wurde, waren die Unternehmen
zum Teil zerstritten. Das lag vor allem auch in der Verantwortung des
damaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, der stark polarisierte
und die Tarifautonomie entschieden ablehnte. Heute ist die
Tarifpartnerschaft wieder allgemein akzeptiert. Das ist auch auf eine
konsequente Positionierung der BDA zurückzufüren." Dr. Dieter Hundt
zur Frage nach dem Anteil der Politik an der aktuellen guten
wirtschaftlichen Performance Deutschlands: "Auch die Politik hat
ihren Anteil an den Erfolgen: Ich nenne die Agenda 2010, mit der
Strukturverbesserungen auf dem Arbeitsmarkt verbunden waren. Das hat
die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft erheblich verbessert und
neue Beschäftigungschancen eröffnet." Hundt mahnte aber auch: "Wir
dürfen uns aber auf der aktuell guten Arbeitsmarktlage nicht
ausruhen."
In diesem Kontext warnte ifaa-Direktor Professor Sascha Stowasser
"vor neuer Regulierung des Arbeitsmarktes" und vor technikfeindlichen
Tendenzen im politischen Raum: "Mit Sorge lese ich im Wahlprogramm
der Grünen Passagen,die darauf hinauslaufen: Bohren, Fräsen,
Schleifen raus aus Deutschland. Wir können aber nicht allein von
Kreativen und einem zweifellos insgesamt verlässlichen Öffentlichen
Dienst leben."
Dr. Dieter Hundt über die Energiewende und die EEG-Umlage: "Ich
fordere mit Nachdruck, die ungebremste Subventionierung erneuerbarer
Energien zügig zu beenden." Deutschland brauche "international
wettbewerbsfähige Strom- und Energiepreise, um seinen industriellen
Kern zu sichern". Die steigenden Energiepreise verunsicherten die
Unternehmen sehr. "Dies spüren wir bereits jetzt an einer gewissen
Investitionszurückhaltung."
Dr. Dieter Hundt zur Burnout-Debatte: Es sei "falsch, die Ursachen
für psychische Erkrankungen vor allem in der Arbeit zu suchen. Im
Gegenteil: Arbeit wirkt sich deutlich häufiger positiv als negativ
auf die psychische Gesundheit aus." Unter Berufung auf Daten des
statistischen Bundesamtes erklärte er weiter, dass "90 Prozent der
befragten Arbeitnehmer bei uns mit ihrer Arbeit zufrieden" sind. In
manchen Bereichen habe "eine Verdichtung der Arbeit stattgefunden",
erklärte ifaa-Direktor Sascha Stowasser. "Unsere Empirie zeigt aber,
dass vor allem auch die gewachsene Reizüberflutung im Beruf und im
Privaten, zum Beispiel durch Anrufe oder E-Mails, psychische
Belastungen auslöst. Wir müssen lernen, ... Ruhefenster für die
Erholung zu finden", so der Arbeitswissenschaftler.
Dr. Dieter Hundt ist seit 1996 BDA-Präsident. Die Neuwahl der
Verbandsführung findet im Rahmen der BDA-Mitgliederversammlung im
November statt. Nach 17 Jahren Amtszeit kandidiert Dieter Hundt nicht
erneut für das Amt des Präsidenten.
Die in Düsseldorf erscheinende Fachzeitschrift Betriebspraxis &
Arbeitsforschung wird durch das von den Metallarbeitgeberverbänden
getragene Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, ifaa,
herausgegeben und vom Dr. Curt Haefner-Verlag Heidelberg verlegt.
Ansprechpartner: Professor Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Tel. 0211
542263-16
Komplettes Interview zum Download: http://bit.ly/180gNYb
Ansprechpartner:
Professor Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Tel. 0211 542263-16