Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 11.09.2013 entschieden, dass eine Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht regelmäßig nicht in Betracht komme.
(firmenpresse) - Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts stelle insbesondere ein Burkini eine geeignete Schwimmkleidung dar. Auch der Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung sei grundsätzlich zumutbar. Das Bundesverwaltungsgericht ändert mit der Entscheidung vom 11.09.2013 seine Rechtsprechung aus dem Jahre 1993. Damals ging das Bundesverwaltungsgericht noch im Wesentlichen davon aus, dass der koedukative Schwimmunterricht nicht einen so hohen pädagogischen Stellenwert besitze, dass die durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten Glaubensgründe dahinter zurücktreten müssten (BVerwGE, Urteil vom 25.08.1993, 6 C 8/91).
In der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts wird zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung folgendes ausgeführt:
" Die damals 11-jährige Klägerin, eine Schülerin muslimischen Glaubens, besuchte ein Gymnasium in Frankfurt am Main mit hohem Anteil muslimischer Schülerinnen. An der Schule wurde für ihre Jahrgangsstufe Schwimmunterricht für Jungen und Mädchen gemeinsam erteilt (koedukativer Schwimmunterricht). Den Antrag, sie hiervon zu befreien, weil die gemeinsame Teilnahme von Jungen und Mädchen am Schwimmunterricht mit den muslimischen Bekleidungsvorschriften nicht vereinbar sei, lehnte die Schule ab. Ihre daraufhin erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat angenommen, die Klägerin habe den muslimischen Bekleidungsvorschriften auch im koedukativen Schwimmunterricht genügen können, indem sie eine Schwimmbekleidung getragen hätte, die zur Wahrung der muslimischen Bekleidungsvorschriften entwickelt worden sei und den Körper weitgehend bedecke, ohne das Schwimmen zu behindern (Burkini). Der Verwaltungsgerichtshof hat anerkannt, dass die Klägerin in strenger Auslegung des Korans sich auch an das Gebot gebunden fühlt, nicht mit dem Anblick von Jungen in Badebekleidung konfrontiert zu werden, die nicht den muslimischen Bekleidungsvorschriften entspricht, sowie körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden. Insoweit sei ein Eingriff in das Grundrecht der Glaubensfreiheit jedoch durch die staatlichen Erziehungsziele verfassungsrechtlich gerechtfertigt, die mit dem koedukativen Schwimmunterricht verfolgt würden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Tragen eines Burkini war der Klägerin zumutbar. Die Klägerin hat nicht hinreichend verdeutlichen können, dass und inwiefern die Teilnahme am koedukativen Schwimmunterricht bei Anlegen eines Burkini die aus ihrer Sicht maßgeblichen muslimischen Bekleidungsvorschriften verletzt hätte. Eine Befreiung war auch nicht deshalb geboten, weil sie im Schwimmunterricht den Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung hätte auf sich nehmen müssen. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhaltensgewohnheiten Dritter - einschließlich solcher auf dem Gebiet der Bekleidung - konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten bzw. zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet sind. Die Schulpflicht steht nicht unter dem Vorbehalt, dass die Unterrichtsgestaltung die gesellschaftliche Realität in solchen Abschnitten ausblendet, die im Lichte individueller religiöser Vorstellungen als anstößig empfunden werden mögen. Die Gefahr zufälliger Berührungen mit männlichen Mitschülern hätte durch eine entsprechend umsichtige Unterrichtsdurchführung seitens der Lehrer sowie durch eigene Vorkehrungen der Klägerin auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden können."
Ansprechpartnerin:
Simone Baiker, Rechtsanwältin, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Baiker & Richter, Rechtsanwälte
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