(ots) -
Anlandung aus der Luft, Evakuierung über die See - das ist die
Kurzfassung der umfangreichen Übung "Schneller Adler" während des
Manövers "Northern Coasts" 2013. Fallschirmjäger und Marinesoldaten
arbeiteten Hand in Hand.
Selten reckten sich wohl so viele Hälse in die Luft, wie am frühen
Morgen des 16. September während der kombinierten Übung "Northern
Coasts" und "Schneller Adler" 2013. Mit dem Absprung von mehr als 130
Soldaten der Luftlandebrigade 26 aus Saarlouis soll in wenigen
Stunden die heiße Phase der Evakuierungsübung auf Gotland beginnen.
Obwohl alle professionellen Wetterfrösche geunkt haben, dass ein
echtes Springen wohl nicht möglich sein wird, zeigte sich an diesem
Morgen, dass Petrus wohl auch Fallschirmjäger ist. Der Himmel
strahlte blau über der schwedischen Ferieninsel und mit sechs
Anflügen von Transall Transportmaschinen der Deutschen Luftwaffe
konnte das Evakuierungskontingent mit Material sicher auf den gerade
abgeernteten Feldern in der Mitte der Insel abgesetzt werden. Der
Kommandeur der Traditionsbrigade, Brigadegeneral Andreas Hannemann,
konnte den angereisten VIP-Gästen eine perfekte Luftlandeoperation
präsentieren. "Für uns ist das eine tolle Möglichkeit, hier mit
unseren Truppen zu üben und es ist das erste Mal, dass wir dies im
Ausland inklusive einer strategischen Verlegung durchführen
können",sagte er und dankte bei dieser Gelegenheit der anwesenden und
durchaus beeindruckten schwedischen Verteidigungsministerin Karin
Enström für die Gastfreundschaft und tatkräftige Unterstützung.
Detailliertes Ãœbungsdrehbuch
Schweden ist 2013 Gastgeber der maritimen Ãœbung Northern Coasts,
die mit der bisher nationalen Evakuierungsübung "Schneller Adler"
verbunden worden ist. Während die Fallschirmjäger die Absprungstelle
sicherten und schon nach kurzer Zeit die ersten deutschen
Staatsbürger, perfekt gespielt von Soldaten der schwedischen
Heimatschutztruppe, an den Sammelstellen abholen konnten, ist auch
auf dem Wasser um Gotland ordentlich was los.
35 Schiffe aus 14 Nationen patrouillieren zwischen Gotland und dem
schwedischen Festland. Geübt wird das, was in dem Szenario von
zerfallenden Staaten und bürgerkriegsähnlichen Zuständen zu erwarten
ist. Neben einer latenten militärischen Bedrohung müssen sich die
Soldaten auf See und an Land darauf einstellen, dass sie
terroristischer Gefahr ausgesetzt sind, auf Schmuggler und
Flüchtlinge treffen können oder Handelsschiffe von Piraten attackiert
werden. Alles das wird durch simulierte gegnerische Kräfte und ein
detailliertes Übungsdrehbuch so realistisch wie möglich inszeniert.
Den Crews der Schiffe und Flugzeuge ist die Lageentwicklung natürlich
nicht bekannt und sie müssen deshalb schnell reagieren, planen und
auch häufig improvisieren. Insbesondere dem Führungsstab in See auf
dem schwedischen Versorgungsschiff "Trossö" fordert das "freie Spiel"
sehr viel ab.
An Land geht es derweil weiter mit der Evakuierungsoperation. Da
am 18. September, so sieht es das "Drehbuch" vor, der Flughafen auf
Gotland geschlossen ist, muss die weitere Evakuierung der deutschen
und europäischen Staatsbürger über See organisiert werden. Der
Evakuierungsverband nimmt dafür Verbindung mit dem
Marinehauptquartier in Karlskrona auf und bittet um Unterstützung.
Vorbereitungen an Bord
In Karlskrona wird schnell gehandelt. Die Anfrage wird direkt an
den Stab des zuständigen Commander Task Group, der zu diesem
Zeitpunkt mit seinem Verband im Einsatzgebiet steht, gesendet.
Schnell steht dort fest, dass der Tender "Elbe" mit einem
eingeschifften Zug Marinesicherungskräfte für derartige Operationen
prädestiniert ist. Die 32 Soldaten aus Eckernförde zählen in der
Deutschen Marine zu den Spezialisten für Evakuierungsoperationen im
Küstenbereich.
Während der Tender "Elbe" Kurs auf die Nordspitze Gotlands nimmt,
laufen die Vorbereitungen an Bord auf Hochtouren. Die Lage auf
Gotland spitzt sich weiter zu, die Situation auf der Insel eskaliert
weiter. Die Evakuierung der deutschen und europäischen Staatsbürger
(während der Übung als "Echos" bezeichnet) muss zügig aber gut
organisiert erfolgen.
Zur detaillierten Vorbereitung ist an Bord ein Doppel-Container
mit einem mobilen Lagezentrum eingeschifft. Von hier aus besteht eine
Verbindung zum Führungs- und Informationssystem des Deutschen Heeres
(FüInfoSysH, kurz FISH). Durch diese Anbindung besteht für den Tender
"Elbe" und die eingeschifften Soldaten der Marineschutzkräfte die
Möglichkeit, das jeweils aktuelle Lagebild auf Gotland
mitzuverfolgen. Der Datenaustausch mit der Forward Mountain Base
(FMB) in Linköping und der Forward Operation Base (FOB) in Visby, die
die Division Spezielle Operationen (DSO) der Luftlandebrigade 26 im
Verlauf der bisherigen Operation eingerichtet hatte, erweist sich als
zusätzliche Informationsquelle für die laufenden Vorbereitungen.
Am Vorabend der Evakuierungsoperation steht der Ablaufplan an Bord
der "Elbe". Die Operation soll am Folgetag um 8.45 Uhr beginnen. Der
Ort der Evakuierung wurde ebenfalls festgelegt: Ein kleiner Hafen mit
einer Pier in Kappelshamn im Norden Gotlands. Hier soll der Tender
etwas außerhalb der Bucht liegen. Gleichzeitig sichert der Zug der
Marineschutzkräfte den Hafenbereich von Kappelshamn. Dies soll für
die Soldaten der DSO und die "Echos" die Voraussetzung schaffen, um
mit den großen Transporthubschraubern vom Typ CH-53 sicher landen und
anschließend die zu evakuierenden Bürgerinnen und Bürger wohlbehalten
an Bord des Tenders bringen zu können.
Die Operation beginnt
Der Morgen des 18. September meinte es gut mit den Soldaten.
Spätsommerliche äußere Bedingungen waren eine gute Grundlage für eine
Evakuierungsoperation. Die heiße Phase in Kappelshamn konnte starten.
Doch bereits die ersten Schritte machten Planungsänderungen
notwendig. Der exakt ausgearbeitete Zeitplan der Marinesicherer
geriet ins Wanken, da eines der beiden Boomranger-Speedboote bereits
nach wenigen Metern ausfiel. Jetzt galt es für den Zugführer, schnell
zu improvisieren. Schließlich hatten sich die ersten CH
53-Hubschrauber mit Fallschirmjägern an Bord bereits für 11 Uhr
angekündigt. Schnell wurde das Motorrettungsboot des Tenders ins
Wasser gelassen, um nun hiermit und mit dem verbliebenen Boomranger
die ersten Gruppen des Zuges nach Kappelshamn zu bringen.
Die Verzögerungen beim Anlanden hatten keine weiteren
Auswirkungen. Dank der Unterstützung des Tenders wurden schnell
Alternativen gefunden, so dass die geplante Sicherung des
Hafenbereichs in Kappelshamn reibungslos und ohne weitere Störungen
geschehen konnte. Der Evakuierungspunkt war nun für das Eintreffen
der DSO geöffnet.
Nachdem die erste Welle von drei CH-53 Hubschraubern eingetroffen
war, konnte die Absicherung des Hafenbereichs mit den gelandeten
Fallschirmjägern in zwei Ringen organisiert und somit verbessert
werden. Gleichzeitig bauten ebenfalls eingeflogene Feldjäger eine
Stelle zur Registrierung der "Echos" auf, um ihre Daten vor der
Evakuierung aufnehmen zu können.
Während in Kappelshamn die Vorbereitungen auf Hochtouren liefen,
kam es in Bunge zu einer Verschärfung der Lage. Dort hatte die DSO
einen Sammelpunkt für die deutschen und europäischen Staatsbürger
eingerichtet, die anschließend über den Hafen Kappelshamn auf dem
Seeweg evakuiert werden sollten. Ãœber Funk erfuhren die Soldaten in
Kappelshamn von den Feuergefechten und einer Geiselnahme in Bunge.
Jetzt war der Zeitplan in Gefahr. Bisher war es in Kappelshamn ruhig
geblieben. Doch wie lange würde dies so bleiben? Schließlich hatte
man bereits am Vormittag unbestätigte Informationen erhalten, dass
bewaffnete Kräfte sich in Richtung des Evakuierungsortes bewegten.
Evakuierung zur rechten Zeit
Die Lageveränderung ließ auch in Kappelshamn nicht lange auf sich
warten. Es kam im Vorfeld des äußeren Verteidigungsringes zu ersten
Gefechten mit Milizen. Zusätzlich gab es einen Unfall, so dass ein
Heeressoldat im Schutze eines Hauses auf dem Hafengelände
erstversorgt werden musste.
Dann war es endlich soweit. Die "Echos" trafen mit der zweiten
Welle von CH-53 Transporthubschraubern ein. Unverzüglich wurden sie
vom offenen Gelände zur eingerichteten Registrierstelle gebracht, die
ebenfalls im Schutz eines Hauses errichtet worden war. Dort lagen
auch schon die Schwimmwesten bereit, die sie für ihre Evakuierung auf
dem Seeweg brauchten. Hierfür hatte das Minenjagdboot "Grömitz" an
der Pier in Kappelshamn in der Zwischenzeit angelegt und hielt sich
zum Auslaufen bereit.
Nun waren die "Echos" an Bord und wurden von der "Grömitz" zur
"Elbe" gebracht, die wegen der zu kurzen Pier in Kappelshamn dort
nicht anlegen konnte. Nachdem die deutschen und europäischen
Staatsbürger sicher auf dem Tender der Deutschen Marine angekommen
waren, galt es nun für die Soldaten an Land, den Evakuierungspunkt
wieder zu schließen und sich selbst unter gegenseitiger Sicherung
zurückzuziehen. Hierfür sicherten die Marineschutzkräfte den Abzug
der Fallschirmjäger, die von den erneut einfliegenden großen
Transporthubschraubern des Heeres abgeholt wurden. Der eigene Rückzug
erfolgte dann mit der "Grömitz" und die Übung "Schneller Adler"
endete mit der Ankunft beim Tender.
Ein ereignisreicher Tag im Norden Gotlands war zu Ende gegangen.
Die Ãœbung "Schneller Adler" war vorbei. Die "Echos" konnten trotz der
verschärften Lage sicher evakuiert werden. Das Heer und die Marine
hatten erstmalig gemeinsam eine Evakuierungsoperation geübt. "Für die
Marineschutzkräfte war es eine willkommene Gelegenheit, unter diesen
hervorragenden Rahmenbedingungen gemeinsam mit den Fallschirmjägern
der DSO eine derartige Evakuierungsoperation zu trainieren. Nun gilt
es, die gemachten Erfahrungen auszuwerten, die richtigen Schlüsse zu
ziehen und die Führungsprozesse weiter zu harmonisieren," zog
Kapitänleutnant Christian Ickert, Kompaniechef der 3. Kompanie der
Marineschutzkräfte ein erstes Fazit nach Beendigung der Übung. (Text:
Martin Kübel / Stefan Paulsen)
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