(ots) - Die Meldung vom Suizid Carsten Schloters, CEO des
Schweizer Telecom-Anbieters Swisscom, erschütterte in diesem Sommer
die Medien. Nur wenige Wochen später folgte der Suizid von Pierre
Wauthier, Finanzchef der Zurich Insurance Group. Besonders bei
letzterem weist vieles darauf hin, dass berufliche Belastung und
Druck aus dem Aufsichtsgremium eine maßgebliche Rolle spielten. Diese
Fälle zeigen: Für die meisten CEOs ist "einsam an der Spitze" kein
Klischee sondern ernüchternde Realität.
Eine Realität, die auch die im Juli 2013 veröffentlichte Studie
der Stanford Graduate School of Business zum Thema Executive Coaching
bestätigt. Die Umfrage bringt es ans Licht: Der Bedarf an
persönlicher Begleitung auf Executive-Level ist groß. Und die beiden
genannten Fälle bestätigen: Die Folgen des Nichthandelns können fatal
sein.
Das Manko in Europa
Während sich persönliches Coaching und Beratung für Executives in
den USA in den letzten 25 Jahren zu einer geschätzten und wertvollen
Unterstützung in den Top-Führungsebenen entwickelt hat, hinkt Europa
in gewohnter Weise hinterher. Auf europäischem Boden bewegt man sich
gerade erst allmählich von einer eher problem- und
defizitorientierten Wahrnehmung einer solchen Begleitung von
Executives, in der offenbar noch etwas fehlt oder entwickelt werden
muss, hin zu einer ressourcen- und potenzialorientierten Sichtweise,
bei der gerade und zunehmend Top-Performer einen Berater an ihrer
Seite haben. Dieser fungiert dann meist in der Rolle eines
Sparringpartners und engen Vertrauten, der einen neutralen Raum für
respektvolle und wertschätzende Gespräche bietet, in dem wichtige
Erkenntnisse gewonnen und Zugang zu den eigenen Ressourcen geschaffen
werden können.
Einen persönlichen Sparringspartner in Form eines Beraters oder
Coachs zu haben, kann enorm hilfreich sein. Er kann Top-Performer
dabei unterstützen, sich selbst besser wahrzunehmen, blinde Flecken
zu reduzieren und dadurch zu mehr Authentizität zu gelangen, ihre
persönlichen Stärken besser zu nutzen und in für sie wichtigen
Bereichen zu wachsen.
Vom Hochleistungssport abgeschaut
Viel besser trifft hier deshalb der Vergleich mit dem Coach von
Spitzenathleten zu, woher die Funktion des Beraters und Begleiters
ursprünglich einmal kam. Allerdings kam dann beim Transfer in die
Unternehmenswelt offenbar irgendjemand auf die Idee, es müsse hierbei
um das "Entledigen" von Schwächen und Defiziten gehen, statt um das
Fördern und Weiterentwickeln von Stärken und Potenzialen.
Geht man zeitlich etwas weiter zurück, findet man noch vor der
Existenz des Begriffs 'Coach' das Besprechen persönlicher und
beruflicher Themen mit Freunden, Familienmitgliedern, engen
Vertrauten aus dem geschäftlichen Umfeld oder sogar mit einem
Geistlichen. Diese Personen können natürlich immer noch eine
ausgezeichnete Wahl sein, sofern man die Möglichkeit und den Zugang
dazu hat. Auf der Zeitachse noch weiter zurück, vertrauten sich
Könige oft ihren Hofnarren an - den einzigen Menschen mit der
offiziellen Erlaubnis, ihre Majestät mit der Wahrheit zu
konfrontieren. Menschen waren also immer auf der Suche nach einem
Gesprächspartner, der nicht nur zuhörte, sondern auch offen und
ehrlich Feedback gab.
Isolation nimmt zu
Unsere Gesellschaft hat sich seither gewandelt. Mit zunehmenden
technischen Möglichkeiten der Vernetzung und Kommunikation, mit der
Zunahme sogenannter 'Freunde' in der virtuellen Welt, geht eine
wachsende Isolation und Vereinsamung einher. Der echte Dialog bleibt
dabei auf der Strecke. Mit dem hierarchischen Aufstieg in
Führungspositionen kann diese gefühlte Isolation zusätzlich zunehmen
- wozu das führen kann, zeigt die Einleitung dieses Artikels. Dabei
ist es besonders für Führungskräfte in Top-Positionen absolut
elementar, sich regelmäßig austauschen, Ängste aussprechen und
mögliche Lösungswege diskutieren zu können.
Einfach nur reden
Es gibt sogar durchaus Klienten auf Top-Management Ebene, die mit
einem Sparringspartner an ihrer Seite gar keine bestimmte Zielsetzung
verfolgen, sondern einfach nur den regelmäßigen Raum für
strukturierte, ehrliche, offene und vertrauensvolle Gespräche enorm
schätzen. So bekam ich kürzlich von einem CEO eine Anfrage für
Coaching. Auf meine Frage, worum es ihm dabei in erster Linie gehe,
sagte er "einfach nur reden". Für viele Executives ist ein
persönliches Gespräch ohne Agenda und ohne handfestes Ergebnis
bereits eine Herausforderung.
Executive Consulting als umfassende Begleitung
Die Anforderungen an einen Executive Consultant haben sich im
Laufe der Zeit geändert und verlangen heute mehr, als 'nur' entweder
die klassische Berater-, Coaching- oder Trainingsrolle für sich
alleine genommen. Jede einzelne dieser Rollen und die damit jeweils
verbundenen Kompetenzen wird heute und in Zukunft in die Begleitung
von Executives einfließen müssen, um für diese einen echten Mehrwert
darzustellen. Die Erklärung dafür ist einfach: Die Situation der
meisten Klienten erfordert einen Mix aus den genannten
Kompetenzbereichen - mit unterschiedlicher Gewichtung. Wer nur auf
einen Bereich spezialisiert ist, kann seinem Klienten deshalb kaum
die umfassende Begleitung bieten, die er unter Umständen braucht. Ein
guter Consultant beherrscht deshalb alle drei Rollen kompetent, oder
holt sich zur Unterstützung einen weiteren Spezialisten hinzu, mit
dem er gemeinsam seinen Klienten betreut und begleitet.
Schwerpunkt Coaching
Besonders von Führungskräften wird erwartet, scheinbar unlösbare
Situationen lösbar zu machen. Was lange Zeit und mit viel
Kraftaufwand funktionieren mag, kann durch die Zuspitzung mehrerer
Faktoren im Laufe der Zeit jedoch in das radikale Gegenteil
umschwenken: die Gedanken sind in einer Problemtrance blockiert,
Lösungswege scheinen unerreichbar, das Gefühl des Versagens wird
immer präsenter und das Gefühl der Selbstwirksamkeit nimmt drastisch
ab. Jetzt gilt es, das alte Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
wieder herzustellen. Ein Prozess, der mithilfe von Coaching
wirkungsvoll unterstützt wird.
Im klassischen Coaching geht es oft darum, das "Geröll"
abzutragen, das über dem vorhandenen Potenzial oder möglichen
Lösungen liegt und diese verdeckt, zum Beispiel in Form von
hinderlichen Ãœberzeugungen oder anderen Konditionierungen. In diesem
Sinne wird das Coaching tatsächlich zum gemeinsamen Ent-decken. Oder
wie es Sir John Whitmore einmal gesagt haben soll: der Samen einer
Eiche enthält bereits alle Informationen, die notwendig sind, um zu
einer mächtigen Eiche zu werden. So gesehen wird der Coach praktisch
zum Gärtner, der vor allem für einen idealen Rahmen sorgt, in welchem
der Samen zu dem werden kann, wofür er bestimmt ist. Eine Metapher,
die übrigens auch wunderbar ein Potenzial- und Ressourcenorientiertes
Führungsverständnis beschreibt.
Prozess mit erstaunlichen Entwicklungen
In der Coaching-Rolle gibt der Executive Consultant dem Klienten
stets sorgfältig hilfreiche Impulse, so dass man eigentlich im
übertragenen Sinne von einer minimal-invasiven Vorgehensweise
sprechen kann, bei der die Selbsterschaffungs- und
Selbsterhaltungsfähigkeiten (Autopoiese) des Klienten im Zentrum
stehen. In jedem Fall geht es dabei um eine 'Co-Creation' - um eine
Zusammenarbeit, aus der immer wieder Erstaunliches entstehen kann,
wenn beide offen sind und sich auf den Prozess einlassen.
Voraussetzung für gelingendes Coaching ist dabei der Wille des
Klienten, etwas zu verändern.
Im Executive Consulting befinden sich eigentlich zwei Experten im
Raum: der Klient als Experte für seine Situation mit allen Facetten,
Ebenen und Teilaspekten. Der Consultant wiederum als Experte für den
Prozess und die Anwendung effektiver Methoden. Damit entkräftet sich
auch gleich der immer wieder gehörte Anspruch, dass ein Executive
Consultant oder Coach mindestens genauso viel Erfahrung in einer
Top-Management Funktion haben und die Branche genauso gut kennen
muss, wie sein Klient. Im Gegenteil: Nicht-Wissen kann in einem
solchen Kontext sogar ein großer Vorteil sein, weil es einen offenen
Blick und eine unvoreingenommene Sichtweise ermöglicht.
Schlüsselkompetenz eines guten Executive Consultants: zuhören!
Neben einer entsprechenden Ausbildung zum Coach und idealerweise
verschiedenen Methoden im Instrumentenkoffer, muss ein guter
Executive Consultant natürlich in erster Linie ein ausgezeichneter,
professioneller Zuhörer sein. Dabei ist die Qualität des Zuhörens
entscheidend: wertschätzend und von einer hundertprozentigen Präsenz
und Gegenwärtigkeit geprägt. Wenig hilfreich oder sogar störend ist
dabei der vielfach natürliche Impuls, in Gedanken schon während des
Zuhörens nach der nächsten Frage zu suchen oder im Voraus eine
Bemerkung auf das Gesagte vorzubereiten. Allein diese Art von wacher
Präsenz ermöglicht oft eine ganz andere, sehr menschliche
Gesprächsqualität. Diese Qualität ist im Businesskontext selten genug
anzutreffen, weil dieser erfahrungsgemäß unter chronischer
Teilaufmerksamkeit leidet.
Transfer in die Führungspraxis
Coaching-Methoden nehmen bereits seit einigen Jahren zunehmend
Einzug in die professionelle, zeitgemäße Führungsarbeit. Wir leben in
einer Zeit, in der das Thema Leadership als wesentliches Instrument
zur Beeinflussung des Unternehmenserfolges erkannt ist und in der
eine reine Instrumentalisierung und Ausschöpfung von Mitarbeitern im
Sinne von 'Human Ressourcen' nicht mehr zielführend ist, wenn man
gute Mitarbeiter finden und binden will. Dazu kommt, dass die
Geschwindigkeit und Komplexität von Veränderung für die allermeisten
Unternehmen derart zugenommen hat, dass Entscheidungen und
Kompetenzen an Mitarbeiter übertragen werden müssen (Empowerment),
damit diese sich eigenverantwortlich und selbstorganisiert um die
Bedürfnisse der Kunden kümmern können. Stichwort: Geschwindigkeit
durch Vertrauen.
Ein interessanter Zusatznutzen von Executive Consulting und
insbesondere Coaching ist immer wieder, dass die entsprechenden
Führungskräfte nach einiger Zeit damit beginnen, ihren Mitarbeitern
selbst vermehrt als Coach und Sparringpartner zur Verfügung zu
stehen. Letztendlich, weil sie Nutzen und Effektivität der Methoden
am eigenen Leib erfahren haben. Deshalb gehört das Ausbilden von
Führungskräften in der Anwendung von Coaching-Methoden zu einer
zunehmend wichtigen Entwicklungsmaßnahme in Unternehmen.
Fazit
Eine Begleitung in Form von Executive Consulting ist heute
elementar für Führungskräfte, um den Anforderungen an die Position
auch morgen noch gewachsen zu sein. Executive Consulting hat
mittlerweile seine Legitimation gefunden: Stanford macht eine Studie
darüber, die meisten CEOs wollen es, das Stigma des Managers, der es
offenbar selber nicht auf die Reihe kriegt ist am verschwinden und
macht einem Bild Platz, das dem eines Spitzenathleten entspricht, der
sich die persönliche Unterstützung nicht nur leisten kann, sondern
diese auch als Privileg und als Zeichen von Authentizität und
Reflexionsfähigkeit nach außen zeigt. Ein weiteres Ergebnis der
Stanford Studie ist denn auch, dass nahezu zwei Drittel der befragten
CEOs und fast die Hälfte der befragten Senior Executives keine
externe Unterstützung bekommen, während gleichzeitig nahezu alle
Befragten sehr offen dafür wären, oder sich eine solche sogar
wünschen würden. Zudem sind auch die Vorzüge von Coaching als
Führungsmethode mittlerweile weitgehend bekannt, so dass Mitarbeiter
zu dem werden können, was sie sind und ihr Potenzial im Sinne der
Unternehmung zur vollen Blüte gelangen kann.
Mit Sitz in der Schweiz steht Thomas Gelmi für Executive
Consulting auf internationaler Ebene. Schwerpunkte sind dabei diverse
Aspekte moderner Mitarbeiterführung, Zusammenarbeit und
Persönlichkeitsentwicklung. Er verfügt selbst über langjährige
internationale Führungserfahrung und vermittelt sein Wissen auch als
Dozent an diversen Schweizer Bildungsinstitutionen. Mehr
Informationen unter www.gelmi-consulting.com.
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Thomas Gelmi
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