(ots) - Jene, die wir als moralische Autoritäten
akzeptieren, geißeln die Asyl- und Zuwanderungspolitik seit Jahren -
entsprechend abgedroschen klingen die Worte der "Festung Europa". Aus
der Routine des Entsetzens auszubrechen ist im Sommer kurz einmal dem
neuen Papst Franziskus gelungen, als er auf Lampedusa mit
Überlebenden der Überfahrten betete. Auf Dauer aufzurütteln hat auch
er nicht vermocht. Für gewöhnlich übersteht das Thema nicht einmal
zwei Talkshow-Wochen nacheinander. Hat es im Wahlkampf auch nur die
geringste Rolle gespielt, welch zweifelhafte Positionen die
Bundesregierung auf EU-Ebene in der Asylpolitik verfolgt hat?
Zur Wahrheit gehört, dass sich zu viele mit der Situation
abgefunden haben oder zumindest nicht bereit sind, nötige
Veränderungen mitzutragen. Es gibt keine lautstarke Mehrheit dafür,
mehr Flüchtlinge aufzunehmen, mehr Geld in den menschenwürdigen
Ausbau der Unterkünfte in Griechenland und Italien zu stecken, die
Entwicklungshilfe für die Herkunftsländer aufzustocken, statt zu
kürzen, neue Wege der legalen Einreise zu öffnen oder Asylbewerber
solidarisch über die Gemeinschaft zu verteilen. Das EU-Asylsystem,
erst in diesem Frühjahr politisch runderneuert und mit einigen
punktuellen Verbesserungen ausgestattet, verändert die großen Linien
überhaupt nicht. In den Leichensäcken von Lampedusa liegen unsere
Toten.
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