(ots) -
Bono, der bekannte Frontmann der Rockband U2, erklärte kürzlich,
dass Entwicklungshilfe nur in begrenztem Masse zum Kampf gegen die
Armut beiträgt - ganz im Gegensatz zu Austausch von Gütern und
Leistungen und zu Unternehmertum. Derweil verbringen internationale
Bürokraten ihre Zeit mit der Ausarbeitung neuer Modelle zur
Besteuerung von Entwicklungshilfe. Im Jahr 2000 thematisierte das
Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen erstmals die innovative
Entwicklungsfinanzierung (Innovative Financing for Development, IFD).
Hierbei handelt es sich um eine Reihe komplexer Investitionsvorhaben
und Organisationen im Bereich der Entwicklungshilfe, die zum grössten
Teil durch neue Steuern finanziert werden sollen.
In einem Forschungspapier, das das Montreal Economic Institute
(MEI) heute veröffentlicht hat, sind sich die Ökonomen Youri Chassin
und Pierre Lemieux einig: "IFD-Steuern vereinen quasi alle
bestehenden Mängel, die eine Steuer nur haben kann - sowohl aus
politischer als auch aus ökonomischer Sicht."
"Institutionen, die sich im Augenblick für neue Steuern einsetzen,
möchten schlicht und ergreifend eine neue Einnahmequelle für sich
erschliessen. Deshalb dürfte es auch keine Überraschung sein, dass
Organisationen, die IFD-Mittel erhalten haben, im Anschluss auch
ihren betriebsbedingten Aufwand erhöhten," erklärt Chassin. So hat
beispielsweise die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung
(GAVI) ihre Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt und zahlt den eigenen
Mitarbeitern mittlerweile ein Durchschnittsgehalt von 199.000 USD pro
Jahr.
Die Spitze des Eisbergs
Kanada und die Vereinigten Staaten haben diesem Trend bislang
widerstehen können, wenngleich sich die Bürger anderer Länder weniger
glücklich schätzen können. In Frankreich und einigen anderen Ländern
wird derzeit eine Steuer auf Flugtickets erhoben, die auch
"Chirac-Steuer" genannt wird und zwischen 1 USD und 40 USD pro Ticket
beträgt. In Deutschland wird eine IFD-Steuer in Höhe von 15 % auf den
Handel mit CO2-Emissionsrechten erhoben, die für den Klimaschutz in
Entwicklungsländern gedacht sind.
Diese Steuern resultieren in einem Ertrag von etwa 200 Millionen
USD jährlich. Derzeit werden "solidarischere" IFD-Steuern
vorgeschlagen, wie beispielsweise Finanztransaktionssteuern,
Emissionssteuern und Tabaksteuern.
Ein erheblicher Mangel an Transparenz - und ein Nettoverlust
"Diese bestehenden und geplanten IFD-Steuern sind
besorgniserregend, weil sie versteckt und kompliziert sind.
Steuerzahlern ist gar nicht bekannt, dass sie diese entrichten, und
noch viel weniger bekannt ist ihnen, wofür sie diese Steuern
eigentlich bezahlen sollen. Selbst Regierungen, die diese Steuern
erheben, sind sich unsicher," so Chassin weiter.
So haben beispielsweise die WHO und UNICEF, die beide von Mitteln
aus der französischen Steuer auf Flugtickets profitieren, den
Rechnungsprüfern der französischen Regierung den Zugang zu ihren
internen Prüfungen verwehrt. Die französischen Rechnungsprüfer waren
folglich nicht in der Lage, eine vollständige Prüfung durchzuführen,
und hinterfragten den Mangel an Transparenz internationaler
Organisationen.
"Selbst wenn man von der Entwicklungshilfe grundsätzlich überzeugt
ist, sind IFD-Steuern in dieser Hinsicht ineffizient, denn die
kleinen Vorteile für Entwicklungsländer wiegen die Kosten dieser
Massnahmen nicht auf. Die Situation führt zu einem Nettoverlust",
erklärt Chassin. Zu diesem Ergebnis kamen die Autoren infolge einer
ausführlichen Analyse von IFD-Steuern auf Grundlage der Kriterien für
eine "gute" Steuer des Nobelpreisgewinners und Ökonomen Joseph
Stiglitz.
Das Forschungspapier mit dem Titel Why New International Taxes for
Development Are Inefficient wurde von Youri Chassin und unter
Mitwirkung von Pierre Lemieux ausgearbeitet. Beide sind Ökonomen und
Senior Fellows des Montreal Economic Institute. Die Publikation ist
auf http://www.iedm.org/e erhältlich.
Das Montreal Economic Institute ist eine unabhängige,
unparteiische und gemeinnützige Forschungs- und Bildungseinrichtung.
Mithilfe eigener Publikationen und Konferenzen regt das MEI zu
Gesprächen über die öffentlichen Grundsätze in Quebec und ganz Kanada
an und schlägt wohlstandsfördernde Reformen auf Grundlage von
Marktmechanismen vor.
Interviewanfragen:
Frederik Cyrus Roeder
+49-173-5389716 | E-Mail: frederikcroeder(at)gmail.com