(ots) - Fast jede sechste Person - das entsprach 16,1 %
der Bevölkerung oder rund 13 Millionen Menschen - war in Deutschland
im Jahr 2011 armutsgefährdet. Wie das Statistische Bundesamt
(Destatis) weiter mitteilt, hat sich damit der Anteil gegenüber 2010
(15,8 %) etwas erhöht. Dies ist ein zentrales Ergebnis aus der
Erhebung LEBEN IN EUROPA (EU-SILC) 2012.
Eine Person gilt nach der EU-Definition für EU-SILC als
armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 % des mittleren
Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt (Schwellenwert für
Armutsgefährdung). 2011 lag der Schwellenwert für eine allein lebende
Person in Deutschland bei 980 Euro im Monat (11 757 Euro im Jahr),
für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2 058 Euro
im Monat (24 690 Euro im Jahr). Staatliche Sozialleistungen sind in
den Einkommen bereits enthalten, Steuern und Sozialabgaben sind
abgezogen. Referenzzeitraum für den Bezug der Einkommen ist bei LEBEN
IN EUROPA (EU-SILC) das der Erhebung vorangegangene Kalenderjahr
(hier: 2011).
Frauen hatten - wie bereits in den Vorjahren - auch 2011 ein
höheres Armutsrisiko als Männer. Dies gilt ausnahmslos für alle
Altersgruppen. So lag die Quote für die weibliche Bevölkerung unter
18 Jahren mit 15,7 % zwar unter dem Bundesdurchschnitt, jedoch höher
als die für die gleichaltrige männliche Bevölkerung (14,8 %). Bei
Männern ab 65 Jahren fiel das Armutsrisiko im Jahr 2011 mit 13,3 %
deutlich geringer aus als im Bundesdurchschnitt, bei den Frauen
derselben Altersklasse lag die Quote mit 16,6 % jedoch darüber.
Ähnlich hohe Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern ergaben
sich auch in der Altersklasse zwischen 18 und 64 Jahren (Männer: 15,5
%; Frauen: 17,7 %).
Die Untergliederung nach Haushaltstypen zeigt, dass weit mehr als
ein Drittel (38,8 %) der Personen, die in Haushalten von
Alleinerziehenden lebten, im Jahr 2011 armutsgefährdet waren. Diese
soziale Gruppe wies damit unter allen Haushaltstypen das höchste
Armutsrisiko auf. Stark betroffen war mit insgesamt 32,4 % aber auch
fast jede dritte allein lebende Person (Männer: 32,0 %; Frauen: 32,7
%). Dagegen war das Armutsrisiko von Personen in Haushalten von zwei
Erwachsenen mit Kindern deutlich niedriger: Beispielsweise lagen die
Quoten für zwei Erwachsene mit einem Kind bei 10,6 % und mit zwei
Kindern bei 7,7 %.
Differenziert nach dem überwiegenden Erwerbsstatus im
Einkommensjahr 2011 zeigen die Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA
(EU-SILC) 2012, dass mit 69,3 % weit mehr als zwei Drittel der
Menschen armutsgefährdet waren, die in Haushalten von überwiegend
Arbeitslosen lebten. Personen in Haushalten von überwiegend
Erwerbstätigen waren dagegen nur zu 7,8 % betroffen. Bei der
Bevölkerung in Haushalten, deren Einkommen überwiegend aus Renten
oder Pensionen bestand, lag die Armutsgefährdungsquote mit 15,1 %
etwas unter dem Bundesdurchschnitt.
Weitere Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA 2012 sowie methodische
Erläuterungen und Publikationen sind auf den Internetseiten des
Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de im Bereich Zahlen &
Fakten -> Einkommen, Konsum, Lebensbedingungen -> Lebensbedingungen,
Armutsgefährdung verfügbar. Das Statistische Amt der Europäischen
Gemeinschaften (Eurostat) veröffentlicht die Ergebnisse aller an
EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions)
teilnehmenden Länder in seiner Datenbank unter
http://epp.eurostat.ec.europa.eu im Bereich "Statistiken ->
Bevölkerung und soziale Bedingungen -> Einkommen und
Lebensbedingungen -> Haupttabellen/Datenbank". Durchschnittswerte für
die Europäische Union insgesamt sind derzeit noch nicht verfügbar.
Sie können von Eurostat erst dann ermittelt werden, wenn die
Ergebnisse aus allen 28 Mitgliedstaaten vollständig bereit stehen.
Zum Zeitpunkt der Herausgabe dieser Meldung sind bei Eurostat neben
den deutschen Ergebnissen noch die Ergebnisse aus weiteren 17
EU-Mitgliedstaaten publiziert (Stand: 22. Oktober 2013).
Für weitere amtliche EU-Statistiken steht der Europäische
Datenservice (EDS) unter http://www.destatis.de/europa zur Verfügung.
Die vollständige Pressemitteilung (inklusive PDF-Version) mit
Tabelle sowie weitere Informationen und Funktionen sind im
Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter
http://www.destatis.de/presseaktuell zu finden.
Weitere Auskünfte gibt:
Silvia Deckl Telefon: (0611) 75-8697, www.destatis.de/kontakt
Methodische Erläuterungen zur Erhebung LEBEN IN EUROPA sowie zur
Berechnung von Armutsgefährdung und sozialer Ausgrenzung:
EU-SILC (englisch: Community Statistics on Income and Living
Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen,
Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in
allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische
Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und
Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland seit
2005 jährlich unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA durchgeführt. Ein
Kernindikator, der aus LEBEN IN EUROPA ermittelt wird, ist die
Armutsgefährdungsquote. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der
armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Zur
Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird zunächst das von allen
Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des
Vorjahres herangezogen (bei LEBEN IN EUROPA 2012 bezieht sich das
Haushaltseinkommen auf das Jahr 2011). Es setzt sich zusammen aus dem
Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit,
dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen
laufenden Sozialtransfers - wie zum Beispiel Arbeitslosengeld,
Sozialhilfe oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge sind
abgezogen. Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des
Haushalts nach einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt,
der unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den
Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben
Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen. Die Äquivalenzskala
weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu. Nach der modifizierten
OECD-Skala, die bei EU-SILC angewendet wird, erhält die erste
erwachsene Person stets das Gewicht 1. Jede weitere Person erhält ein
Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs berücksichtigen soll,
der durch diese Person entsteht: Weitere Erwachsene und Kinder ab 14
Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht
0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit zwei Kindern unter 14
Jahren beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1. Das verfügbare
Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der Gewichte dividiert.
Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als "bedarfsgewichtetes
Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person im Haushalt als
persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben. Zu beachten ist, dass
es sich beim Äquivalenzeinkommen um eine fiktive Rechengröße handelt.
Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median (Zentralwert)
verwendet. Dabei werden die Personen ihrem Äquivalenzeinkommen nach
aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen
Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt,
die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung.
60 % dieses Medianwertes stellen den Schwellenwert für
Armutsgefährdung dar.
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Telefon: (0611) 75-3444
E-Mail: presse(at)destatis.de