(ots) - Augen zu und nicht durch
Auch wenn der Anblick Hunderter ertrunkener Flüchtlinge auf
Lampedusa Europas Staats- und Regierungschefs schockiert haben
dürfte: Der Eindruck hielt offensichtlich nicht lange genug vor, um
beim EU-Gipfel für intensive Diskussionen über Europas
Flüchtlingspolitik zu sorgen. Vielmehr schien es, als wollten die
Staatenlenker das unliebsame Thema möglichst schnell abhaken. Statt
über eine nötige Reform des Asylsystems beratschlagte man darüber,
wie man Schleusern beikommen und die Grenzen der EU besser schützen
könnte.
Angesichts immer wieder anlandender Boote voller Verzweifelter,
auch in der Nacht zu Freitag wurden wieder Hunderte aus dem
Mittelmeer gerettet, mutet dies zynisch an. Erstens weil das Elend
der Fluchtbereiten oft so groß ist, dass sie sich notfalls auch ohne
Schleuser auf den Weg machen. Und zweitens weil es vom eigentlichen
Problem ablenkt: Europa hat keinen Plan, wie es mit den
Menschenströmen umgehen soll. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass das
Thema Flüchtlinge in Brüssel seit Jahren keine Rolle spielt.
Reibungslos haben Europas Abwehrmechanismen funktioniert, haben Deals
mit nordafrikanischen Machthabern die Menschen ferngehalten. Das ging
gut, bis die Despoten gestürzt wurden. Und nun? Europa verschließt
die Augen vor einer der größten Herausforderungen der Zeit. Ein
Versäumnis, das sich rächen könnte.
Cornelia Mönster
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