(ots) - Die mittelständischen Chemie-Unternehmen
fordern eine rasche Bildung der Bundesregierung, damit wichtige
Reformen angegangen werden können. Dazu zählt vor allem eine
grundlegende und zügige Neugestaltung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), da kleine und mittlere Betriebe
im kommenden Jahr abermals deutlich steigende EEG-Beiträge schultern
müssen. Mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen sprach
sich der Chemie-Mittelstand auch für wachstumsfördernde Reformen des
deutschen Steuersystems sowie gegen Steuererhöhungen aus. Das sagten
Reinhold von Eben-Worlée, Vorsitzender des VCI-Ausschusses
Selbständiger Unternehmer, und Dr. Henrik Follmann, Mitglied des
VCI-Präsidiums, auf der diesjährigen Mittelstands-Pressekonferenz des
Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).
Energiekosten dürfen nicht noch weiter steigen
Vor dem Hintergrund explodierender Energiekosten mahnte von
Eben-Worlée eine EEG-Reform an, um die Wettbewerbsfähigkeit
mittelständischer Chemie-Unternehmen nicht noch weiter zu gefährden.
Er sagte: "2014 wird das EEG die chemische Industrie knapp eine
Milliarde Euro kosten - und das trotz der Entlastung durch die
Härtefallregelung. Die Belastung aus der EEG-Umlage für die deutsche
Chemie steigt damit im kommenden Jahr um rund 23 Prozent. Das bekommt
nahezu die gesamte Branche zu spüren. Rund 90 Prozent aller
Chemie-Betriebe in Deutschland zahlen die volle EEG-Umlage."
Um stabile Strompreise zu erreichen, bekräftigte von Eben-Worlée
die Forderung des Chemie-Mittelstands nach einem Förderstopp für
weitere Anlagen von erneuerbaren Energien bis das EEG reformiert ist:
"Diese Sofortmaßnahme ist nicht gegen die Energiewende gerichtet,
schafft aber Zeit für eine umfassende EEG-Reform. So kann ein
weiterer Anstieg der Stromkosten verhindert und die
Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland sowie des
Mittelstands gesichert werden."
Weiterhin muss die Bundesregierung laut von Eben-Worlée ein
Projekt-Management für die Energiewende etablieren und die
Erkenntnisse aus den Monitoringberichten in praktische Maßnahmen
umsetzen. Eine EEG-Reform müsse außerdem die Energiewende in einen
europäischen Kontext stellen und die internationale Preisentwicklung
bei Energie berücksichtigen. Er sagte: "Nur eine europäische Lösung
bietet die Chance, gleichzeitig mehr Klimaschutz und eine EU-weite
Energiewende zu vertretbaren Kosten im EU-Binnenmarkt zu
realisieren." Von Eben-Worlée wies in diesem Zusammenhang darauf hin,
dass die Förderung von Schiefergas zu deutlich sinkenden Energie- und
Rohstoffpreisen in den USA geführt habe. Die Wettbewerbsposition der
US-amerikanischen Industrie habe sich dadurch deutlich verbessert.
"Im Umkehrschluss heißt das für Deutschland: Die Energiepreise dürfen
nicht durch eine verfehlte Energiepolitik noch weiter in die Höhe
getrieben werden", so der Vorsitzende des VCI-Ausschusses
Selbständiger Unternehmer.
Steuererhöhungen sind unnötig
Dr. Henrik Follmann, Mitglied im VCI-Präsidium, forderte von den
Parteien, die die Koalitionsverhandlungen führen, die steuerlichen
Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen in Deutschland
zu verbessern. Er sagte: "Die Steuereinnahmen in Deutschland jagen
von Rekord zu Rekord. Es liegt daher auf der Hand, dass wir unter
keinen Umständen höhere Steuern brauchen! Stattdessen sind mutige und
überlegte Reformen des Steuersystems nötig, um die Zukunft des
Industrielands Deutschland zu sichern."
Dazu gehört laut Follmann einerseits die längst überfällige
Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung. Sie gleiche
bestehende Wettbewerbsnachteile der forschungsintensiven chemischen
Industrie aus. "Deutschland ist eines der wenigen Länder, das
Forschung nicht steuerlich fördert. Eine Änderung dieser Politik wäre
ein wichtiger Impulsgeber für mehr Forschungs- und
Entwicklungsinvestitionen - gerade auch im Mittelstand", so das
VCI-Präsidiumsmitglied.
Außerdem müssten Verluste wieder vollständig steuerlich geltend
gemacht werden können. Follmann: "Es kann nicht sein, dass ein
Unternehmen seine Verlustvorträge verliert, wenn seine Anteilseigner
wechseln. Dies ist besonders belastend für Start-ups und junge
High-Tech-Unternehmen."
Follmann sprach sich auch gegen eine Wiederbelebung der
Vermögensteuer und eine Ausweitung der Erbschaftsteuer aus. Eine
Vermögensteuer sei verheerend für den deutschen Mittelstand, da das
erwartete Volumen von über 10 Milliarden Euro zu über 80 Prozent aus
betrieblichem Vermögen gezahlt werden müsse. Es stünde daher für
Re-Investitionen oder Forschung nicht mehr zur Verfügung. Ähnliches
gelte für die Erbschaftsteuer: "Mit der Erbschaftsteuerreform von
2008 haben die deutschen Unternehmen umzugehen gelernt. Hinter diesen
Stand dürfen wir nicht zurückfallen. Die Übertragung eines
Unternehmens im Erbfall oder durch Schenkung muss weiterhin ohne
Belastungen mit Erbschaftsteuer möglich bleiben."
Mittelstandskonjunktur: Bislang wechselhaftes Chemiegeschäft Die
Perspektiven für die deutsche Wirtschaft hatten sich im zweiten
Quartal 2013 zunächst aufgehellt. Die Gesamtwirtschaft in Deutschland
wuchs unerwartet stark. Ebenso wie die Chemiebranche als Ganzes
konnte der Chemie-Mittelstand in der ersten Jahreshälfte von dieser
Entwicklung profitieren. Die Lage schwankte aber von Monat zu Monat.
Der Beginn der zweiten Jahreshälfte war dann besonders wechselhaft
und mündete in einen schwachen August.
Insgesamt ergibt sich damit für den Chemie-Mittelstand in den
ersten acht Monaten im Vergleich zum Vorjahr nur ein Zuwachs der
Produktion um 0,4 Prozent. Auch die Umsatzentwicklung zeigte sich
wechselhaft. Die Nachfrage nach Chemieprodukten auf den europäischen
Auslandsmärkten war zu Beginn der zweiten Jahreshälfte schwach.
Zusätzlich kamen die Erzeugerpreise wegen sinkender Rohstoffkosten
unter Druck und gingen um 0,3 Prozent zurück. Vor diesem Hintergrund
sanken die Umsätze des Chemie-Mittelstands im laufenden Jahr bis
einschließlich August um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von rund
1.650 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen
ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen
der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. Der VCI steht für
mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2012
über 186 Milliarden Euro um und beschäftigte rund 434.000
Mitarbeiter.
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