(ots) - Schauprozess droht
Der Tumult zum Auftakt des Prozesses gegen Ägyptens entmachteten
Präsidenten Mohammed Mursi passt zur verfahrenen Lage im Land am Nil.
Mursi verlangt unnachgiebig, wieder ins Amt eingesetzt zu werden, und
weiß dabei seine Anhänger hinter sich. Der Militärregierung wiederum
passt nur eine Verurteilung ins Konzept. Somit war der nun vertagte
Prozess schon vor Beginn aufs Höchste politisiert. Zudem gehören die
Richter jenem Justizapparat an, mit dem Mursi zu Amtszeiten ständig
im Clinch lag. Eine rechtsstaatliche Verhandlung ist unter diesen
Voraussetzungen kaum zu erwarten.
Daran hat das Militär, das seit dem Sturz des damaligen
Präsidenten an der Macht ist, aber auch gar kein Interesse. Offiziell
soll die Justiz zwar unabhängig urteilen. In der Realität droht das
Verfahren jedoch zweifelsohne zu einem Schauprozess zu werden: Für
die Generäle kommt nichts anderes als ein Schuldspruch infrage. Der
wäre das i-Tüpfelchen auf ihrer Strategie, die Muslimbrüder weiter zu
dämonisieren.
Angeklagt ist Mursi wegen der Anstiftung zur Tötung von
Demonstranten. Fakt ist: Als die Armee in den vergangenen Monaten
Proteste von Mursi-Anhängern auflöste, starben ebenfalls Menschen.
Für deren Tod müssen sich bisher keine Militär-Vertreter
verantworten. Dieser Umstand entlarvt: Ägyptens neue Machthaber legen
ungeniert eine untragbare Doppelmoral an den Tag.
Franziska Kückmann
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