(ots) - PwC-Studie zur Wirtschaftskriminalität
2013: Korruptions- und Kartellrisiken werden deutlich unterschätzt /
Compliance im Aufwind / Wettbewerbsdelikte verursachen mit Abstand
die höchsten Schäden
Die Bemühungen der Unternehmen um stärkere Compliance und
Präventionsprogramme zahlen sich aus. Der Anteil der von
Wirtschaftskriminalität betroffenen Betriebe ist in den vergangenen
Jahren stetig gesunken: Während in der PwC-Studie von 2009 noch 61
Prozent der befragten Unternehmen von Wirtschaftskriminalität
betroffen waren und 2011 52 Prozent, sind es aktuell nur noch 45
Prozent. Dies geht aus der Studie "Wirtschaftskriminalität und
Unternehmenskultur 2013" der Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PwC und der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg hervor, für die deutschlandweit 603 Unternehmen mit
mindestens 500 Beschäftigten befragt wurden. Werden neben den
nachgewiesenen Delikten auch die konkreten Verdachtsfälle der
vergangenen zwei Jahre berücksichtigt, ergibt sich ausgehend von den
Ergebnissen der Studie aus 2011 ein Rückgang der
Kriminalitätsbelastung von 73 Prozent auf aktuell 53 Prozent.
"Der starke Rückgang der Kriminalitätsbelastung ist insbesondere
auf die wachsende Verbreitung von Compliance-Programmen
zurückzuführen. Mittlerweile setzen etwa drei von vier Unternehmen
auf systematische Kontrollen und Kriminalitätsprävention. 2009
berichtete nicht einmal jeder zweite Betrieb von derartigen
Maßnahmen", betont Steffen Salvenmoser, Partner bei PwC im Bereich
Forensic Services. Von den rund 25 Prozent der Unternehmen, die kein
Compliance-Programm implementiert haben, verweist etwa jedes zweite
auf zu hohe Kosten und zu viel bürokratischen Aufwand. Knapp die
Hälfte der Befragten ohne Compliance-Programm ist der Ansicht, dass
der Nutzen von Compliance-Maßnahmen den damit verbundenen Aufwand
nicht rechtfertigt. Diese Auffassung ist insbesondere bei kleineren
Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern sehr verbreitet (72
Prozent).
NSA-Affäre sensibilisiert für Wirtschafts- und Industriespionage
Aus aktuellem Anlass wurde unsere Studie um ein Kapitel zu den
Auswirkungen der NSA-Affäre ergänzt. Wie eine Zusatzbefragung von 250
Unternehmen im September 2013 ergab, schätzt jeder vierte Betrieb das
Risiko von Industriespionage aktuell höher ein als vor den
Enthüllungen von Edward Snowden. Jedes dritte Unternehmen will die
Sicherheit seiner IT- und Kommunikationssysteme überprüfen. 15
Prozent erwägen sogar eine Umstellung auf europäische
IT-Dienstleister, um ihre Daten vor dem Zugriff US-amerikanischer und
britischer Geheimdienste zu schützen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ungewissheit über das
tatsächliche Ausmaß dieser Deliktarten vergleichsweise hoch ist. So
gab es in den Jahren 2012 und 2013 nur bei fünf Prozent der Betriebe
mindestens einen nachgewiesenen Fall von Datendiebstahl, aber
immerhin bei 15 Prozent der Befragten mindestens einen (weiteren)
konkreten Verdacht. Bei der Industrie- und Wirtschaftsspionage ist
die Diskrepanz zwischen Schadensfällen (zwei Prozent der Unternehmen)
und Verdachtsfällen (zehn Prozent der Unternehmen) ebenfalls
besonders groß.
Vermögensdelikte dominieren
Bezogen auf die in den vergangenen zwei Jahren entdeckten
kriminellen Handlungen, entfallen 34 Prozent auf Vermögensdelikte wie
Betrug, Unterschlagung oder Diebstahl, 10 Prozent der Delikte sind
Verstöße gegen Patent- und Markenrechte und jeweils 6 Prozent der
Delikte sind Korruptions- und Kartellfälle.
"Allerdings dürfte das 'Dunkelfeld' der nicht entdeckten
Straftaten gerade im Bereich von Korruption und Kartellabsprachen
relativ groß sein. So ist immerhin jedes vierte Unternehmen der
Ansicht, in den vergangenen zwei Jahren mindestens einen Auftrag auf
Grund von Korruption durch Wettbewerber verloren zu haben", erläutert
Prof. Dr. jur. Kai-D. Bussmann von der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg.
Auch wettbewerbswidrige Vereinbarungen sind nach Einschätzung
vieler Befragter verbreitet. Knapp jedes fünfte Unternehmen geht
davon aus, dass in seiner Branche mindestens 20 Prozent des
Marktvolumens von Preis- oder Marktabsprachen betroffen sind.
20 Millionen Euro durchschnittlicher Schaden durch
Wettbewerbskriminalität
Im Durchschnitt entstanden den Unternehmen in den vergangenen zwei
Jahren durch Wirtschaftskriminalität unmittelbare finanzielle Schäden
von knapp 3,2 Millionen Euro. Mit Abstand die höchsten Schäden
verursachen Wettbewerbsdelikte mit durchschnittlich rund 20 Millionen
Euro je betroffenes Unternehmen. Die finanzielle Belastung durch
Korruptionsfälle ist mit rund 530.000 Euro je Schadensfall zwar
deutlich geringer. Allerdings sind sowohl Korruptions- als auch
Wettbewerbsdelikte typischerweise mit erheblichen indirekten Schäden
wie etwa ein gravierender Reputationsverlust (jeweils 24 Prozent)
verbunden. Bei 40 Prozent beeinträchtigen aufgedeckte
Korruptionsfälle zudem die Beziehungen zu Geschäftspartnern
erheblich, während die juristische Aufarbeitung von Kartellverstößen
bei zwei von drei Unternehmen (65 Prozent) einen hohen Zeit- und
Kostenaufwand verursachen und bei jedem zweiten Befragten (52
Prozent) erhebliche Managementkapazitäten binden.
Compliance und Kontrollen allein reichen nicht
Angesichts der erheblichen Schäden durch Kartellabsprachen und
Korruption sind spezifische Präventionsmaßnahmen überraschend schwach
ausgeprägt. Über ein Antikorruptionsprogramm verfügen nur gut 52
Prozent der Befragten. Selbst von den Unternehmen, die zumindest
potenziell von der strengen Gesetzgebung in den USA (Foreign Corrupt
Practices Act) und im Vereinigten Königreich (UK Bribery Act)
betroffen sind, haben nur 63 Prozent ein Antikorruptionsprogramm.
Eine spezifische kartellrechtliche Compliance gibt es lediglich bei
29 Prozent der Unternehmen.
"Mindestens genauso bedenklich wie die Lücken bei der Compliance
sind allerdings Defizite bei der Integritätskultur. Noch immer
herrscht in vielen Unternehmen ein einseitig ergebnisorientiertes
Klima, das dem erfolgreichen Abschluss im Zweifel den Vorrang vor der
Einhaltung von Regeln und Grundsätzen guter Unternehmensführung gibt.
Compliance funktioniert aber nur dann, wenn sie Teil der
Unternehmens-DNA wird", betont Salvenmoser. Nach Einschätzung der
Befragten (84 Prozent) kritisieren zwar die meisten Vorgesetzten
einen Richtlinienverstoß ihrer Mitarbeiter. Doch in fast jedem
vierten Unternehmen (22 Prozent) folgen Führungskräfte zumindest
nicht immer den Grundsätzen, die sie von anderen einfordern. Fazit
der Studie: Integrität kann man nicht anordnen, man muss sie im
Unternehmen leben.
PwC führt seit 2001 alle zwei Jahre eine Umfrage zur
Wirtschaftskriminalität durch, seit 2005 gemeinsam mit der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der Betrachtungszeitraum
beträgt jeweils zwei Jahre. Die Befragung erfolgt seit 2005 durch
Telefoninterviews, die von TNS-Emnid geführt werden.
Pressekontakt:
Dagmar Schadbach
PwC Presseabteilung
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