(ots) - EZB: Beim Zinssatz noch nicht am Ende
Asmussen verteidigt Entscheidung und schließt negativen Bereich
bei Einlagesatz nicht aus - Offenlegung des Abstimmungsverhaltens
gefordert - "Verständnis für Ärger deutscher Sparer"
Osnabrück.-Trotz der jüngsten Zinssenkung sieht die Europäische
Zentralbank (EZB) noch geldpolitischen Spielraum. In einem Gespräch
mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) sagte
Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen, "je nachdem, wie sich die
Inflation entwickelt, sind wir beim Zinssatz noch nicht am Ende
unserer Möglichkeiten". Bei Bedarf sei es zudem nicht ausgeschlossen,
dass die Zentralbank beim Einlagesatz für Geschäftskunden in den
negativen Bereich gehe. "Ich wäre mit einem solchen Schritt sehr
vorsichtig, da er hohe Signalwirkung hätte, würde ihn aber nicht
grundsätzlich ausschließen", erklärte Asmussen. Ferner sei es
möglich, die Banken nicht länger zu verpflichten, eine Mindestreserve
bei der EZB zu halten. "Das bringt den Banken Liquidität", sagte
Asmussen.
Der EZB-Direktor betonte, vergangene Woche habe es
unterschiedliche Positionen darüber gegeben, wann die EZB handeln
solle. Die Entscheidung, den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent zu
senken, verteidigte er: "Ich würde nicht infrage stellen, dass es die
Notwendigkeit gab zu handeln, um unser Ziel der Preisstabilität
sicherzustellen." Gegenwärtig liege die Inflation im Euro-Raum bei
nur 0,7 Prozent, was eine Abweichung von 1,3 Prozentpunkten gegenüber
dem Zielwert von 2,0 Prozent bedeute. Das Inflationsziel der EZB sei
symmetrisch, deshalb reagiere man auf Abweichungen nach oben wie nach
unten, erklärte Asmussen: "Bei einer Abweichung nach oben um 1,3
Prozentpunkte hätten wir eine Inflationsrate von 3,3 Prozent - da
würden wir auch geldpolitisch reagieren."
Angesichts der intern umstrittenen EZB-Leitzinssenkung sprach sich
der Ökonom für eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens aus. "Nach
Zinsentscheidungen müssten wir eine Zusammenfassung der Diskussion
veröffentlichen. Wir sollten dabei auch offenlegen, wer wofür
gestimmt hat", sagte er. Die Regeln des EZB-Rates verbieten es
bislang, das Abstimmungsverhalten seiner Mitglieder offenzulegen.
Der EZB-Direktor zeigte zudem Verständnis für deutsche Sparer, die
unter niedrigen Zinsen litten. "Ich habe Verständnis für den Ärger
der deutschen Sparer", sagte er. "Aber Deutschland ist keine Insel."
Die Anlagenzinsen in Deutschland würden sich dann wieder erhöhen,
wenn es dem Rest Europas besser gehe. "Je besser es den
Peripheriestaaten geht, desto besser wird das für den deutschen
Sparer sein."
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