(ots) -
A.T. Kearney-Studie: Fällige Verbindlichkeiten von 33 Milliarden
US-Dollar im Jahr 2016 lösen Restrukturierungswelle in der weltweiten
Chemiebranche aus
Der weltweiten Chemieindustrie stehen turbulente Zeiten bevor:
Eine zu tilgende Verschuldung von 33 Milliarden US-Dollar im Jahr
2016 sowie schrumpfende Margen in Folge der Schiefergasförderung in
den USA werden eine Welle von Unternehmensverkäufen nach sich ziehen.
Die folgende Neuordnung des Marktes betrifft mindestens 27
Chemieunternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde
US-Dollar. Diese Unternehmen werden in den nächsten fünf Jahren
insgesamt rund 110 Milliarden US-Dollar an Verbindlichkeiten
zurückzahlen müssen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, in
der die Unternehmensberatung A.T. Kearney die Verschuldungssituation
der internationalen Chemieindustrie untersucht hat. Gegenstand der
Studie waren 200 private und börsennotierte Chemieunternehmen
weltweit. Zusammen genommen weisen sie Verbindlichkeiten von 380
Milliarden US-Dollar in ihren Bilanzen aus. Vor allem
Investment-Grade-Firmen werden bei der bevorstehenden Neuordnung der
Branche eine führende Rolle einnehmen.
Zwischen 2006 und 2008 verzeichnete die weltweite Chemieindustrie
einen extremen Anstieg der M&A-Aktivitäten. Insgesamt wurden
Transaktionen mit einem Gesamtwert von 330 Milliarden US-Dollar
durchgeführt. Einen wesentlichen Anteil daran hatten Transaktionen
mit einem Volumen von mehr als fünf Milliarden US-Dollar. Zum
Vergleich: Im Jahr 2012 erreichte das weltweite Deal-Volumen nur noch
49 Milliarden US-Dollar. Keine einzige Transaktion überstieg einen
Wert von fünf Milliarden US-Dollar, knapp zwei Drittel des
Transaktionsvolumens stammten aus kleineren Deals mit einem
Transaktionswert von jeweils weniger als einer Milliarde US-Dollar.
Das hohe Transaktionsvolumen der Jahre 2006 bis 2008 zieht nun
eine Welle von Kapitalrückzahlungen nach sich, die zwischen 2013 und
2016 fällig werden. Dadurch werden Firmenzusammenschlüsse, Übernahmen
und Veräußerungen in allen Teilen der Welt angefacht.
Das ergab eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney, in
der die Verschuldungssituation von 200 Chemiefirmen weltweit
untersucht wurde. Ihre gesamten Verbindlichkeiten belaufen sich
aktuell auf 380 Milliarden US-Dollar. Die Top-27-Unternehmen mit der
höchsten Verschuldung und einem Jahresumsatz von mehr als einer
Milliarde US-Dollar müssen in den nächsten fünf Jahren 110 Milliarden
US-Dollar an Verbindlichkeiten bedienen.
Zusätzlichen Rückenwind erhalten die M&A-Aktivitäten durch die
Erholung der US-Industrie, denn mit ihr geht ein Finanzierungsbedarf
für bis zu zehn neue, großvolumige Cracker- und Derivateanlagen
einher.
Die einstigen Kapitalgeber der Branche mussten in der
Vergangenheit Abschreibungen in beträchtlicher Höhe für Unternehmen
wie LyondellBasel und INEOS vornehmen.
Dr. Tobias Lewe, Partner in der Chemie und Öl Practice von A.T.
Kearney, erklärt: "Eine Konsolidierung der Branche ist
unausweichlich, denn Investoren und Industrie möchten die Position
der Unternehmen vor einer erneuten Finanzierung stärken. Insgesamt
schafft diese Entwicklung Chancen für neue Marktteilnehmer sowie
Unternehmen aus Asien und dem Nahen Osten, die etablierte westliche
Chemiekonzerne übernehmen oder mit diesen fusionieren möchten."
Zwei Szenarien für die nächsten fünf Jahre
Die A.T. Kearney-Studie entwirft zwei mögliche Szenarien für die
künftige Entwicklung der weltweiten Chemiebranche in den kommenden
fünf Jahren.
Im ersten Szenario entspricht die Menge der verfügbaren Rohstoffe
bereits dem Ausstoß von acht neuen Ethane-Cracker-Großanlagen. Doch
die Investitionen könnten noch wesentlich höher sein, wenn
Unternehmen neben Ethan auch Flüssiggas (LPG) und Kondensat nutzen
würden.
Das zweite Szenario geht davon aus, dass die vorhandenen
Liquids-Cracker-Anlagen in den USA auch für die LPG-Produktion
genutzt werden und Ethan nur mit neuen Anlagen gewonnen wird.
Zusätzlich zur lang erwarteten Verarbeitung von Ethan, die bereits
weitgehend erforscht ist, könnten so weitere 15 Millionen Tonnen
Rohstoffe pro Jahr genutzt werden. Dr. Joachim von Hoyningen-Huene,
Principal in der Chemie und Öl Practice von A.T. Kearney, erläutert:
"Flexibilität und die Verfügbarkeit von Optionen beim Rohstoffangebot
sind wesentliche Bestandteile jeder Investitionsentscheidung. Die
US-Industrie hat in dieser Hinsicht besonders günstige
Voraussetzungen."
Investment-Grade-Firmen werden Neuordnung anführen
Laut der Studie stehen alle neuen M&A-Aktivitäten im Zusammenhang
mit der Refinanzierung des vorausgegangenen hohen
Transaktionsvolumens. Vor allem Investment-Grade-Unternehmen werden
eine führende Rolle bei der bevorstehenden Neuordnung übernehmen.
Diese Unternehmen weisen Debt-Equity-Ratios von unter 90 Prozent und
EBITDA-Margen von mehr als zehn Prozent aus.
Einige Unternehmen wie z. B. INEOS haben einen Teil ihrer
Verbindlichkeiten im Jahr 2012 refinanziert. Es wird jedoch erwartet,
dass ein großer Teil der Rückzahlungen im Umfang von 22 bis 26
Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2015 erfolgen wird. Die Spitze wird
2016 erreicht, wenn Rückzahlungen in Höhe von 33 Milliarden US-Dollar
fällig werden. Zu diesem Zeitpunkt wird die Projektaktivität in den
USA bereits stark zugenommen haben, da die Industrie die Erträge aus
der Schiefergasgewinnung für die Schaffung umfangreicher neuer
Kapazitäten nutzen wird.
Von Hoyningen-Huene abschließend: "Künftig wird ein Überangebot,
das durch die Schaffung neuer Kapazitäten entsteht, niedrigere Margen
und beträchtliche Herausforderungen für diejenigen Unternehmen zur
Folge haben, die ihre Schulden refinanzieren möchten. In der letzten
Zeit waren asiatische Käufer an mehr als 40 Prozent aller
M&A-Transaktionen in der Chemieindustrie beteiligt. Wir gehen davon
aus, dass heute etwa die Hälfte der Chemieunternehmen bereit ist, die
nächste Konsolidierungswelle anzuführen."
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