(ots) - Im zehnten Jahr seines Bestehens geht der
Journalistenpreis "Writing for CEE" erstmals nicht nach Mittel- oder
Südosteuropa. Für eine Reportage über die EU-Außengrenze zur Ukraine
erhielten am Dienstagabend in Wien die französischen Journalisten
Laurent Geslin und Sebastién Gobert die von der APA - Austria Presse
Agentur und der UniCredit Bank Austria gestiftete Auszeichnung.
Ehrengast des Festaktes, der unter dem Ehrenschutz von
Bundespräsident Heinz Fischer stand, war der frühere polnische
Bürgerrechtskämpfer und Solidarnosc-Aktivist Adam Michnik. Der
Chefredakteur der bedeutendsten polnischen Qualitätszeitung "Gazeta
Wyborcza" sprach in seiner Festrede über die Aktualität des zivilen
Ungehorsams in Europa.
Michnik hat dabei vor einer Renaissance autoritärer Regime in
Europa gewarnt. "Putinismus und Berlusconismus, das ist unser
europäischer Molotow-Cocktail. Wir sehen heute eine neue Welle von
egoistischen, nationalistischen und populistischen Tendenzen in
Europa", sagte der Chefredakteur. Die Medien müssten angesichts
dieser Entwicklungen "den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen",
forderte der frühere Dissident.
Zwtl.: Gewinner 2013: Laurent Geslin und Sebastién Gobert
In dem prämierten Artikel, der in der Zeitschrift "Le Monde
diplomatique" veröffentlicht worden war, geht es um einen Landstrich
in der Ukraine, der einst als einer der möglichen geografischen
Mittelpunkte Europas galt, heute jedoch jenseits der Schengen-Grenze
liegt.
Juryvorsitzender Ambros Kindel begründete die Entscheidung der
internationalen Jury mit der journalistischen und sprachlichen
Präzision, mit der die Autoren eine Region in der heutigen Ukraine
beschreiben, die im Lauf der Geschichte zu fünf verschiedenen Staaten
gehörte und die heute völlig ins Abseits geraten ist. "Journalismus
muss dort hinschauen, wo andere wegschauen. Journalismus muss
herausfinden, wie es bei den Nachbarn aussieht, die hinter Zäune und
Mauern aller Art geraten sind", sagte der CEE-Experte.
Auch das heutige Europa sei voller Veränderungen, merkte
Preisträger Gobert an. Der Journalismus müsse die Herausforderung
annehmen, diesen ständigen Wandel, die Dekonstruktion und
Konstruktion Europas zu beschreiben und ständig neu zu verstehen. Und
er fügte hinzu, dass der Geist Europas noch nicht alle Länder der EU
vollständig durchdrungen habe. Dies habe sich vor allem in der
jüngsten Wirtschaftskrise und auch bei den Problemen der EU gezeigt,
eine gemeinsame europäische Politik zu betreiben.
Geslin und Gobert erhalten für ihren Siegerbeitrag ein Preisgeld
von 5.000 Euro. Ihr Text ist auf der Website von "Writing for CEE"
unter www.apa.at/cee-award online abrufbar.
Zwtl.: Zehn Jahre Writing for CEE
Der Journalistenpreis "Writing for CEE" war anlässlich der großen
EU-Erweiterung im Jahr 2004 ins Leben gerufen worden. Ehrengäste der
bisherigen Verleihungen waren unter anderen der legendäre Aktivist
der tschechoslowakischen Bürgerrechtsbewegung "Charta 77" und spätere
Außenminister Jiri Dienstbier, der erste slowenische Staatspräsident
Milan Kucan, die (ost-)deutsche Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, der
ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sowie der
frühere Hohe Repräsentant der internationalen Staatengemeinschaft in
Bosnien-Herzegowina Wolfgang Petritsch. Legendär ist der Auftritt des
Vize-Chefredakteurs der regierungskritischen russischen Zeitung
"Nowaja Gaseta", Oleg Chlebnikow, unmittelbar nach der dramatischen
Ermordung seiner Kollegin Anna Politkowskaja.
In die Liste der Preisträger haben sich bisher der tschechische
Journalist Lubos Palata (2004), die bulgarische Schriftstellerin
Diana Ivanova (2005), der bosnische Journalist Sefik Dautbegovic
(2006), der österreichische Schriftsteller Martin Leidenfrost (2007),
die in Griechenland geborene und in Deutschland aufgewachsene
Radiojournalistin Anna Koktsidou (2008), der österreichische
Journalist Florian Klenk (2009), die in Italien lebende bosniakische
Autorin Azra Nuhefendic (2010) die slowenische Journalistin und
Fotografin Meta Krese (2011) und der tschechische Journalist Martin
Ehl (2012) eingetragen.
Mitglieder der in wechselnder Zusammensetzung tagenden Jury sind
derzeit neben dem Preisträger oder der Preisträgerin des jeweiligen
Vorjahres der slowakische Publizist Michael Berko, die bulgarische
Schriftstellerin Janina Dragostinova, die Kommunikationsberaterin
Ildiko Füredi-Kolarik, die polnischen Journalisten Igor Janke und
Pawel Bravo, der CEE-Pressesprecher der UniCredit Bank Austria Tiemon
Kiesenhofer, der Wiener Media Relations Berater Ambros Kindel, der
tschechische Kommunikationswissenschaftler Milan Smid sowie die
ungarische Radio-Journalistin Julia Varadi.
Zwtl.: Liste bisheriger Preisträger und Festredner der
Verleihungen "Writing for CEE"
Zwtl.: Preisträger
2004 Lubos Palata (Tschechien)
2005 Diana Ivanova (Bulgarien)
2006 Sefik Dautbegovic (Bosnien-Herzegowina)
2007 Martin Leidenfrost (Österreich)
2008 Anna Koktsidou (Deutschland/Griechenland)
2009 Florian Klenk (Österreich)
2010 Azra Nuhefendic (Bosnien-Herzegowina)
2011 Meta Krese (Slowenien)
2012 Martin Ehl (Tschechien)
2013 Laurent Geslin und Sebastién Gobert (Frankreich)
Zwtl.: Festredner
2004 Jiri Dienstbier (Früherer tschechischer Außenminister)
2005 Milan Kucan (Ehemaliger slowenischer Staatspräsident)
2006 Susanne Scholl (Leiterin ORF-Büro Moskau)
2007 Barbara Coudenhove-Kalergi (Journalistin und Osteuropa-
Expertin)
2008 Joana Radzyner (Leiterin ORF-Büro Warschau)
2009 Bärbel Bohley (Frühere DDR-Bürgerrechtlerin)
2010 Pavel Kohout (Schriftsteller und Mitbegründer Charta 77)
2011 Hans-Dietrich Genscher (Früherer deutscher Außenminister)
2012 Wolfgang Petritsch (Ehemaliger Bosnien-Beauftragter)
2013 Adam Michnik (Chefredakteur der polnischen Zeitung "Gazeta
Wyborcza")
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