(ots) - Neuer Entwurf der europäischen
Wertpapieraufsicht regelt Anwendbarkeit von EMIR für
Handelsteilnehmer außerhalb der EU / Viele Marktteilnehmer sind noch
unzureichend vorbereitet
Die neue EMIR-Verordnung wird aller Voraussicht nach ab 2014 auch
OTC-Derivatetransaktionen von bzw. mit Gegenparteien außerhalb
Europas betreffen. Dies geht aus einem Entwurf hervor, den die
europäische Wertpapieraufsicht European Securities and Markets
Authority (ESMA) am 15. November veröffentlicht hat. Er regelt im
Detail, unter welchen Bedingungen EMIR für Handelsteilnehmer
außerhalb der Europäischen Union (EU) künftig gelten soll.
Bereits seit 2012 ist die EMIR-Verordnung in Kraft und schreibt
im Grundsatz vor, dass zukünftig Handelsteilnehmer mit Sitz in der EU
außerbörsliche Derivategeschäfte über eine zentrale Gegenpartei
abwickeln und an ein Transaktionsregister melden müssen. Ziel der
EU-Verordnung ist es unter anderem, den außerbörslichen
Derivatehandel transparenter und sicherer zu machen. Diese Regeln
will die EU nun jedoch auch auf Staaten außerhalb der EU ausweiten.
Sie will damit einerseits verhindern, dass Marktteilnehmer in
Drittstaaten ausweichen, um die neuen Vorgaben zu umgehen, anderseits
soll das Risiko gesenkt werden, dass der Handel jenseits der
EU-Grenzen die Finanzstabilität des Währungsraumes gefährdet.
Auf die extraterritorialen Aspekte von EMIR sind jedoch viele
Marktteilnehmer nicht oder unzureichend vorbereitet, warnt Thorsten
Gommel, Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PwC: "Viele Marktteilnehmer sind sich noch gar
nicht bewusst, dass EMIR ab 2014 für weitere Teile Ihres Geschäfts
gilt. Eine ihrer größten Aufgaben besteht darin, sich darauf
einzustellen, dass auch Geschäfte mit Handelspartnern außerhalb der
EU zukünftig über zentrale Gegenparteien abgewickelt und gemeldet
werden müssen. Zwar erfahren Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor
angehören, gewisse Erleichterungen. Aber auch für diese Unternehmen,
wie für alle Marktteilnehmer aus dem Finanzsektor, gilt: Sie müssen
die neuen Regeln umsetzen, verstehen und in ihre Prozesse einbetten.
Dass die neuen Regelungen zur Derivateregulierung bereits ab 2014
über die Grenzen der EU hinaus wirken, ist daher in diesen Tagen ein
zentrales Thema der Branche. Die Betroffenen sind ohnehin bereits
einer schwer beherrschbaren Flut von unterschiedlichsten
regulatorischen Anforderungen mit länderspezifischen Aspekten
einerseits und extra-territorialen Wirkungen andererseits ausgesetzt.
Das kann bei Transaktionen nicht nur zu Widersprüchen (beispielsweise
aufgrund inkonsistenter Regulierung) sondern auch zu erheblichem
Mehraufwand (beispielsweise durch Doppelarbeiten) führen. Zusätzlich
zu den Herausforderungen aus der Umsetzung von EMIR müssen teilweise
parallel auch noch die in 2010 in Kraft getretenen US-Regeln des
Dodd-Frank-Acts durch die Handelsteilnehmer berücksichtigt werden.
Diese haben das Kapitalmarktrecht grundlegend geändert."
Die wesentlichen Punkte des ESMA-Entwurfs:
1. Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) soll EMIR
künftig auch für Transaktionen zwischen zwei Unternehmen aus
Drittstaaten gelten, falls es sich hierbei um Geschäfte zwischen
Niederlassungen im EWR handelt, die als finanzielle Gegenparteien im
Sinne von EMIR gelten.
2. Außerhalb des EWR gilt EMIR - unter bestimmten Voraussetzungen
- auch für Transaktionen zwischen zwei Unternehmen aus Drittstaaten,
beispielsweise falls eine Partei zu einer Unternehmung aus der EU
gehört oder falls im Zusammenhang mit der Transaktion eine Garantie
oberhalb eines bestimmten Grenzwertes durch eine finanzielle
Gegenpartei aus dem EWR ausgesprochen wird. Der Entwurf thematisiert
auch, inwiefern Handelsteilnehmer versuchen könnten, sich dem Zugriff
von EMIR zu entziehen, worauf die EU-Aufsichtsbehörden wiederum mit
der Ausweitung des Regelwerkes reagieren könnten.
Wie es zu dem Entwurf kam
Im März 2012 sowie im Juli 2013 konsultierte die ESMA die
Marktteilnehmer bezüglich ihrer Regeln für Drittstaaten. Der jetzt
vorgestellte Entwurf ändert die ESMA-Regeln für Drittstaaten zwar
nicht grundlegend, konkretisiert aber unter anderem einige Passagen
für Handelsteilnehmer mit Sitz außerhalb der EU. Handelsgeschäfte
zweier Niederlassungen aus Drittstaaten sind demnach nur dann
betroffen, wenn es sich dabei um finanzielle Gegenparteien im Sinne
von EMIR handelt. Um die notwendigen Risikomanagementprozesse zu
implementieren, gewährt die ESMA zudem eine sechsmonatige
Ãœbergangsfrist.
Die Äquivalenz-Kriterien: Segen oder Fluch?
Ein Unternehmen aus einem Nicht-EU-Land, für das das Regelwerk
gilt, soll sich diesem entziehen können, sofern es sich den Regeln
seiner heimischen Aufsicht unterwirft - aber nur dann, wenn die EU
die dortigen Derivate-Regeln für genauso gut hält wie ihre eigenen.
Allerdings: Die sogenannten Äquivalenz-Kriterien, die die ESMA im
September und Oktober vorgestellt hat, sind noch nicht vollständig
und an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Zu einer echten Entlastung
für Unternehmen wird es erst dann kommen, wenn die Aufsichtsbehörden
und Entscheidungsträger in den Rechtsräumen außerhalb der EU ihre
Reformen für den Derivatehandel verabschiedet haben und die Regeln
entsprechend angeglichen werden können. Der ESMA-Entwurf selbst
dürfte in den kommenden sechs Monaten in Gesetzesform gegossen werden
und gegen Jahresende 2014 in Kraft treten.
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