(ots) - So aufsehenerregend das Interimsabkommen von Genf
ist, es bedeutet noch lange nicht die Lösung des vertrackten
Atomproblems. So liegt der Wert der Ãœbereinkunft vor allem in seinem
beträchtlichen historischen Potenzial, wenn man bedenkt, dass hohe
US-Diplomaten bis vor Kurzem noch ihren iranischen Gesprächspartnern
ironisch einen im Erbgut verankerten Hang zur Unehrlichkeit
attestierten. Der gesamte internationale Status des Iran ist seit
Jahren an den Atomkonflikt gekettet. Ließe sich dieses Hemmnis
aufsprengen, geriete erstmals seit mehr als drei Jahrzehnten auch
eine Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen den USA und Iran ins
diplomatische Blickfeld. Eine Entspannung im Verhältnis zur EU wäre
ebenso möglich wie eine Milderung der erdrückenden Sanktionen, die
das 76-Millionen-Volk an den Rand der wirtschaftlichen Verzweiflung
gebracht haben. Gleichzeitig würde eine langfristige Einigung die
gesamte Machttektonik des Nahen und Mittleren Ostens verändern. Das
wissen Israel und die Golfstaaten mit Saudi-Arabien an ihrer Spitze.
Israel fühlt sich zu Recht vom Iran in seiner Existenz bedroht. Die
arabischen Anrainer wiederum haben dem persischen Kontrahenten trotz
ihres sagenhaften Ölreichtums kulturell und zivilisatorisch noch nie
Paroli bieten können. Ohne das eiserne, westliche Sanktionsregime
wären sie in ihrem jahrzehntelangen Kalten Krieg gegen die
schiitische Regionalmacht schon längst unterlegen. Insofern trägt die
internationale Gemeinschaft bei ihren Verhandlungen auch hohe
Verantwortung für die Nachbarn des Iran. Der schwierigste Teil der
Strecke liegt damit noch vor den diplomatischen Unterhändlern. Denn
das endgültige Abkommen, das bis Ende April nächsten Jahres
ausgehandelt werden soll, muss definitive Garantien der Islamischen
Republik enthalten, seine verdächtigen und zwielichtigen Atompläne
aufzugeben. Dazu müssen die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland
Teheran möglichst harte Einschnitte und enge Kontrollen der
Atominspekteure abverlangen. Denn werden die internationalen
Sanktionen erst einmal substanziell gelockert, lassen sie sich auf
absehbare Zeit nicht wieder zu der heutigen Druckkraft aufbauen.
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