(ots) - Die Abgasuntersuchung (AU) ist in ihrer aktuellen
Form nicht geeignet, um Fehler in der Abgasreinigung verlässlich
aufzudecken und unnötige und vermeidbare Luftverschmutzung zu
verhindern. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Umwelthilfe e.V.
(DUH) nach eigenen Messungen und fordert angesichts der aktuellen
Revision der EU-Verordnung zur AU eine rasche Anpassung der
Abgasuntersuchung. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation hat
mehrere Dieselfahrzeuge geprüft, die vorher die AU durchlaufen
hatten. Das erschreckende Ergebnis: Die Hälfte der Autos erhielt die
Prüfplakette nach geltenden Kriterien, obwohl ihre Emissionen
nachweislich stark erhöht sind.
"Nach wie vor leiden in Deutschland viele Menschen unter zu hoher
Luftbelastung. Es ist vollkommen inakzeptabel, dass ein Großteil der
Belastung aus Fahrzeugen mit mangelhafter Abgasreinigung stammt und
wir trotz vorhandener Technologie diesen eklatanten Mangel nicht
abstellen", fasst Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH,
zusammen.
Aus Sicht der DUH sind die Gründe für das Versagen der aktuellen
AU-Praxis vielfältig. Erstens entsprechen die verwendeten Messgeräte
nicht dem Stand der Technik und sind deshalb nicht in der Lage, die
immer kleineren Partikelteilchen zu erkennen. Zweitens haben sich die
zugrunde gelegten AU-Prüfwerte nicht analog zu den verschärften
Abgasgrenzwerten der Euronormen für Neufahrzeuge weiterentwickelt.
Und drittens findet bei Fahrzeugen, die ab 2006 erstmals in
Deutschland zugelassen wurden, in der Regel keine Messung des
Schadstoffgehaltes der Abgase statt. Stattdessen beschränkt man sich
auf das Auslesen der On-Board-Diagnosegeräte, die jedoch
abgasrelevante Fehler nicht in ausreichendem Umfang erkennen. Laut
Fehlerstatistik des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes sind allein im
Jahr 2011 drei Millionen Fahrzeuge zur Prüfung vorgestellt worden,
bei denen das Auslesen der OBD nicht möglich war.
Das Fazit der DUH: Seit Einführung von Euro 4 im Jahr 2005 sind
die AU-Kriterien nicht mehr in der Lage, den technologischen
Fortschritt der Fahrzeuge nachzuvollziehen. Ein Auto mit einem
defekten oder wieder ausgebauten Partikelfilter kann die Prüfung ohne
Beanstandung überstehen. Die Umweltschutzorganisation fordert
deshalb, die Fahrzeuguntersuchung zusätzlich mit einer so genannten
Endrohrmessung durchzuführen, die einzelne Schadstoffe direkt aus dem
Abgasstrang untersucht und Fehler in der Abgasreinigung transparenter
macht.
"Wir brauchen beide Prüfverfahren: die On-Board-Diagnose und die
Messung der Abgase. Aber nur mit sensibleren Geräten und strengeren
Prüfwerten können wir eine deutlich bessere Abgasuntersuchung und
damit eine deutliche Verringerung zusätzlicher
gesundheitsgefährdender Luftbelastung erreichen", ergänzt der
internationale Verkehrsberater Axel Friedrich. Die erforderlichen
modernen Messgeräte seien verfügbar und könnten im Zyklus der ohnehin
fälligen Investitionen in den Werkstätten ausgetauscht werden.
Friedrich betonte, dass für die geforderte Endrohrmessung an allen
Fahrzeugen für die Werkstätten keine Zusatzkosten entstehen, da diese
die erforderlichen Geräte für Fahrzeuge mit Erstzulassung vor 2006
ohnehin bereithalten müssen. Für den Fahrzeughalter rechnet die DUH
nach eigenen Recherchen mit Mehrkosten von maximal fünf Euro pro
Fahrzeug und Jahr.
Hintergrund:
Insgesamt hat die DUH sechs Dieselfahrzeuge prüfen lassen, von
denen zuvor fünf zuvor die AU durchlaufen hatten. Die Testergebnisse
des ersten Fahrzeugs verdeutlichen das Problem zu hoher Prüfwerte.
Das Auto der EU-Abgasstufe Euro 3 verfügt über einen
Nachrüstpartikelfilter und hat die AU-Prüfung mit einem Trübungswert
von 2,48 m/1 dennoch nur knapp bestanden - erlaubt sind 2,5 m/1. Das
verbesserte Partikelmessgerät, das die DUH zusätzlich zu dem
herkömmlichen Opazimetermessgerät verwendete, zeigte später
allerdings einen eindeutig zu hohen Maximalwert von etwa 200 mg/m3
an. Obwohl das zweite Fahrzeug, ein Euro-3-Mercedes-Benz ohne
Partikelfilter, einen um den Faktor vier niedrigeren Trübungswert
zeigt, liegt der mit dem neuen Gerät gemessene Wert bei ebenfalls
sehr hohen 137 mg/m3. Dabei sind die Prüfwerte nicht nur zu hoch
angesetzt. Die Hersteller der Fahrzeuge legen sie sogar selbst fest.
Der Prüfwert für den zweiten Pkw liegt bei 1,9 statt bei 2,5 1/m.
Fahrzeug drei zeigt mit seinen niedrigen Werten in beiden
Messverfahren, dass funktionierende Fahrzeuge deutlich unterhalb der
Prüfwerte liegen. Eine Anpassung würde tatsächlich nur extrem
schmutzige Fahrzeuge herausfiltern. Bei einem weiteren Fahrzeug mit
Zulassung ab 2006 wurde nur die On-Board-Diagnose (OBD) ausgelesen.
Diese zeigte keine Fehler. Trotzdem wurden an diesem Pkw sehr hohe
Werte mit dem verbesserten Messgerät ermittelt. Die Schlussfolgerung:
Das Auto hat die AU trotz eines defekten Partikelfilters bestanden.
Ebenfalls in der Stichprobe enthalten war ein Fahrzeug, dessen OBD
keinen Fehler anzeigte und das Partikelemissionen nahe Null aufwies.
Diese Messergebnisse verdeutlichen die Wirksamkeit von geschlossenen
Partikelfiltern. Das sechste Fahrzeug schließlich hatte keine AU
durchlaufen, seine Messergebnisse zeigen aber ebenfalls, wie niedrig
das Emissionsniveau eines funktionierenden Fahrzeugs liegen kann.
Allerdings leistet das verwendete, verbesserte Messgerät keine
Partikelanzahlmessung. Entsprechende Messgeräte sind in der
Erprobung. Ab Euro 6 bzw. Euro VI müssen Dieselfahrzeuge zusätzlich
zum Massengrenzwert einen Partikelanzahlgrenzwert einhalten.
Die Ergebnisse finden Sie im Internet unter
http://l.duh.de/p261113.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater
Mobil: 0152 294 83857, E-Mail: axel.friedrich.berlin(at)gmail.com
Daniel Eckold-Hufeisen, Pressesprecher
Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail:
eckold-hufeisen(at)duh.de