(ots) - Geschickt, aber auch riskant
Es ist schon erstaunlich, dass plötzlich so intensiv über die
Zulässigkeit der SPD-Mitgliederbefragung diskutiert wird, nachdem die
Koalitionsverhandlungen beendet sind. Denn es ist ureigene
Angelegenheit einer Parteispitze festzulegen, wer über die Zustimmung
zum Vertrag entscheiden kann: der Vorstand, ein Parteitag oder
sämtliche Mitglieder. Ob jedoch die direkte Demokratie immer besser
ist als die repräsentative Demokratie, wie im ZDF ein genervter
SPD-Chef Sigmar Gabriel glauben machen wollte, ist eine andere Frage.
Beides hat Vor- und Nachteile.
Wenn nun die SPD ihren Mitgliedern mehr Möglichkeiten zur
Mitgestaltung bietet als allen Wählern, gibt es überhaupt keinen
Grund zur Klage. Denn es steht ja jedem Wahlberechtigten frei, einer
Partei beizutreten und Einfluss zu nehmen.
Von der SPD-Spitze war es im Ãœbrigen geschickt, mit dem Hinweis
auf eine Mitgliederbefragung in die Koalitionsverhandlungen zu gehen.
Mit diesem Druckmittel haben die Sozialdemokraten viel rausgeholt.
Das scheint mancher Genosse an der Basis aber nicht wahrzunehmen.
Schließlich ist der Koalitionsvertrag ein Kompromiss. Und wegen
magerer 25,7 Prozent bei der Bundestagswahl ist die SPD nur der
Juniorpartner.
Sollten die Mitglieder den Vertrag mehrheitlich ablehnen, wäre das
für Sigmar Gabriel und Andrea Nahles eine Katastrophe. Die
Mitgliederbefragung setzt daher die Parteispitze selbst unter Druck
und ist mit hohem Risiko verbunden.
Christof Haverkamp
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