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Wenn der beste Freund auch sozialer Leibwächter ist / Tagung zu mobilen Medien in der Lebenswelt von Jugendlichen

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(ots) - Einfach in die Luft starren? Ist out. Jugendliche
überbrücken Wartezeiten heute anders. Zum Beispiel, indem sie über
WhatsApp mit Freunden in Kontakt treten. Immerhin 70 Prozent der 12-
bis 19-Jährigen haben die Nachrichten-App auf ihr Handy geladen.
Textnachrichten schreiben, Musik auf YouTube hören, bei Facebook
Fotos kommentieren: Das Smartphone besetzt soziale Räume. Und dient
dabei auch, aber nicht nur dem Zeitvertreib. Wie die mobilen
Endgeräte das Leben der Heranwachsenden verändern und was das für die
Medienpädagogik bedeutet, darum ging es auf der 9. Interdisziplinären
Tagung "vernetzt_öffentlich_aktiv. Mobile Medien in der Lebenswelt
von Jugendlichen" am 29. November in München. In Kooperation mit dem
BLM hatte das "JFF - Institut für Medienpädagogik" 185 Teilnehmer aus
Forschung und Praxis zum Gedankenaustausch eingeladen.

Sozialisation von Jugendlichen ist heute eine mediale
Sozialisation. Sie ist ein fortdauernder Prozess, der nicht mehr an
Familie, Kirche oder ähnliche Institutionen gebunden ist. Stattdessen
hat sie ihre eigenen Räume im Netz. Aufgabe der Medienpädagogik sei
es, die Jugendlichen auf dem Weg dorthin zu begleiten und Fragen zu
klären, damit sie sich zum "Souverän" entwickeln können, sagte der
Vorsitzende des JFF, Professor Bernd Schorb, in seiner Begrüßung.
Links zu Hintergrundpositionen seiner Rede konnten die Zuhörer
gleichzeitig bei Twitter nachlesen. Das Zwitschern unter Hashtag
#idt13 war Teil der Metakommunikation, die auf mehreren Kanälen rund
um die Tagung lief. Tweets und ein Blog unter www.id-tagung.de
ergänzten die Beiträge, eine Zeichnerin brachte sie simultan als
"graphic recording" auf eine Plakatwand. Spätestens hier wurde
deutlich, wie vielfältig und einander bereichernd Techniken der
analogen und digitalen Kommunikation sind. Im Nachgang stehen auch




einzelne Vorträge im Tagungsblog zur Verfügung.

Mobile Jugendmedien: Vom Radio zu WhatsApp und Co.

Wer mit Jugendlichen arbeitet, muss ihre Kulturtechniken lernen.
Weshalb Dr. Matthias Thiele, Medienwissenschaftler an der TU
Dortmund, in seiner Einführung die Frage aufwarf, wie neu das
Phänomen der mobilen Jugendkultur ist. Und ob sie nicht schon seit
langem eine technische Kultur ist. Schließlich, so Thiele, nutzten
selbst die naturbewegte Wandervogel-Bewegung der vorletzten
Jahrhundertwende die Technik ihrer Zeit - ohne Eisenbahn keine Fahrt
ins Grüne. In den 1950er-Jahren wiederum war das Radio eins der
ersten mobilen Jugendmedien. "Der Blick auf das Alte vermag zu
klären, was das Neue überhaupt ist", sagte Thiele. Und deckte auf,
wie sich in der Mediennutzung bestimmte Grundbedingungen immer wieder
neu miteinander verschränken.

In Ergänzung zu diesem kulturhistorischen Blick klärte Professor
Nicola Döring von der TU Ilmenau, wo die Jugendlichen heute stehen.
Und dass der Begriff der mobilen Medien eigentlich ein falscher ist:
"Sie sind vielmehr portabel." Das mache eine "öffentliche
Inszenierung" möglich, bei der mitunter der Anschein trügt: "Der
Großteil der portablen Kommunikation findet zu Hause statt", weiß
Döring. Daheim, im Jugendzimmer oder abends unter der Bettdecke,
betreten junge Menschen die virtuellen Räume, in die ihre Eltern
ihnen nicht folgen können. Textkommunikation spielt dabei eine große
Rolle. "82 Prozent der Jugendlichen tippen in erster Linie."
Befördert solche Netzkommunikation den Verlust von realen
Beziehungen? Diesem Vorurteil trat die Psychologin vehement entgegen.
Freundschaften zu pflegen und auszubauen, das habe mit
Sozialkompetenz zu tun. "Wer im realen Leben viele Freunde hat, der
zeigt das auch auf sozialen Plattformen."

Ohne Hilfestellung geht es nicht

Wie kann die Medienpädagogik diese Erkenntnisse für sich nutzen?
Wie lässt sich souverän mit Smartphones umgehen? Wie steht es um den
Datenschutz? Referate und Diskussionen, moderiert von den
JFF-Mitarbeitern Kerstin Heinemann, Niels Brüggen und Sebastian Ring
sowie JFF-Direktorin Dr. Ulrike Wagner, bildeten den zweiten Teil des
Tages. Die Gedanken zum Rauschen brachte direkt nach der Mittagspause
Professorin Nadia Kutscher von der Universität Vechta. Erobern
Jugendliche mediatisierte Räume oder erobern mediale Räume die
Jugendlichen? Das war eine ihrer Fragestellungen. Kutscher, die auch
den Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung mit verantwortet,
steht dem Umgang mit Smartphones kritisch gegenüber. Mobilgeräte
seien auch "soziale Leibwächter", warnte Kutscher, sie förderten
Praktiken der Selbstunterwerfung und Normierung. "Jugendliche bei der
Suche nach Autonomie zu unterstützen, das sehe ich als eine Aufgabe
der Medienpädagogik."

Auch beim Datenschutz benötigen Jugendliche solche Unterstützung,
erinnerte Miriam Meder vom Bayerischen Landesamt für
Datenschutzaufsicht: Wie sicher Apps auf dem Smartphone wirklich
sind, hat die Juristin mit ihren Kollegen gerade erst überprüft. Das
Ergebnis kann weder die minderjährigen Nutzer noch ihre Eltern oder
Pädagogen beruhigen. So seien bei Apps oft nicht einmal die
Datenschutzerklärungen ausreichend, rügte die bayerische
Datenschützerin. "Nur 25 Prozent der geprüften Inhalte hatten das
nötige Maß an Transparenz."

Was tut die Politik für die Sicherheit? Nach Ansicht von Verena
Weigand nicht genug. Die BLM-Bereichsleiterin Medienkompetenz und
Jugendschutz kritisierte, dass sich der Jugendmedienschutz zunehmend
verlagert: weg von der Politik, hin in die Familie und pädagogische
Arbeit. Gleichzeitig betonte sie: Ein technischer Schutz allein
reicht nicht aus. "Weil er kein Bewusstsein schafft, wie man sinnvoll
mit den Medien umgeht."

Gut, dass Daniel Seitz von der Agentur Mediale Pfade zum Abschluss
ein Positivbeispiel für den sinnvollen Umgang mit portablen Medien
vorstellen konnte. Der Medienpädagoge hat gerade die "Berufsrouten
Leipzig" umgesetzt, ein Projekt, für das Jugendliche in der
Orientierungsphase Beiträge über Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten
produzieren. Mit Smartphone und Tablet zogen die jungen Erwachsenen
los und erarbeiteten sich ein neues Bild ihrer Stadt. Ein
spielerischer Ansatz, der die Berufswahl in Lebenswelt der
Jugendlichen holt. Denn, wie es BLM-Präsident Siegfried Schneider
eingangs in seiner Begrüßung sagte: "Für Jugendliche ist das
Smartphone nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken." Das gilt für
wichtige Themen wie die Berufswahl ebenso wie für Wartezeiten auf den
Bus.

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de



Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger
Pressesprecher
Tel.: (089) 638 08-313
wolfgang.flieger(at)blm.de


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Datum: 02.12.2013 - 14:01 Uhr
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