(ots) - Den Osten gewinnen
Über den Unabhängigkeitsplatz in Kiew hallt der Ruf nach
Revolution. Das Ausmaß der Proteste gegen den ukrainischen
Präsidenten Viktor Janukowitsch überrascht. Vor Kurzem noch schien
es, als hätten sich die Unzufriedenen in ihr Schicksal gefügt und die
Hoffnung auf eine handlungsfähige Opposition aufgegeben. Aber nun
sammeln sich die Menschen hinter neuen Anführern wie dem Boxer Witali
Klitschko und seiner liberalen Partei Udar (Schlag). Diese fordern
Janukowitsch offen zum Rücktritt und die Menschen im Land zum
Generalstreik auf.
Mit solch starkem Widerstand dürfte Janukowitsch nicht gerechnet
haben. Jetzt kommt es darauf an: Behalten er und der ihm ergebene
Teil des Sicherheitsapparats die Nerven - oder beginnen sie, die
Proteste mit Gewalt niederzuschlagen? Zusammenstöße gab es.
Demonstranten warfen Steine, einige stürmten das Rathaus von Kiew.
Eine Eskalation wäre nicht nur für Janukowitsch riskant, sondern
auch für jene, die das Land an der Seite der EU sehen wollen. Denn
die Ukraine ist nach wie vor gespalten in einen dem Westen
zugewandten Teil und einen, der sich nach Russland orientiert. Sie
hat nur dann Aussicht auf Stabilität, ein Ende ihrer wirtschaftlichen
Misere und eine Bindung an die EU, wenn sie diese Spaltung
überwindet. Will die Opposition die Ukraine nach Westen führen, muss
sie auch die Menschen im Osten des Landes gewinnen. Mit
Straßenschlachten in Kiew gelingt ihr das nicht.
Christian Schaudwet
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