(ots) - Die Bundesregierung hat Ende November
2013 einen Kompromissvorschlag der Erben des jüdischen Kunstsammlers
Max Emden zur gütlichen Einigung im Umgang mit ihrem
Restitutionsersuchen bezüglich zweier Gemälde des italienischen
Malers Bernardo Bellotto abgelehnt. Emdens Enkel hatten diesen mit
Hinweis auf die auch für den Bund geltende "Gemeinsame Erklärung" zur
Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter
dem zuständigen Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgelegt.
Max Emden, dessen Unternehmen und Grundbesitz das NS-Regime
beschlagnahmte, wurde ab 1938 dazu gezwungen, seine Kunstsammlung
aufzulösen. Die beiden Gemälde befinden sich heute in staatlichen
Museen.
Der Kompromissvorschlag sah vor, dass der Bund eines der beiden
betroffenen Gemälde behält und eines an die in Südamerika lebende
Familie zurückgibt. Das BMF wies diesen mit Hinweis auf die
"Unverbindlichkeit" der "Gemeinsamen Erklärung" zurück. Der Bund sehe
keine Veranlassung, von der Praxis der früheren gesetzlichen
Rückerstattung abzuweichen. Es ist erstaunlich, dass der Bund die
Bedeutung der Erklärung, die er selbst mit initiiert hat, nun
ignoriert.
Die Erben der Familie Emden fordern, dass der Fall jetzt der 2003
von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Limbach-Kommission
vorgelegt wird. Rechtsanwalt Mel Urbach, der gemeinsam mit
Rechtsanwalt Markus Stötzel die Familie vertritt: "Die
Bundesregierung steht in der Pflicht, auch dem Ausland gegenüber, zu
beweisen, wie ernst es ihr damit ist, verantwortungsvoll mit den
Ansprüchen jüdischer Familien umzugehen."
Max Emden, der aus einer alteingesessenen jüdischen Hamburger
Rabbiner- und Kaufmannsfamilie stammte und der in den 20er Jahren ein
europaweites Kaufhausimperium aufgebaut hatte, musste ab 1938,
nachdem die Nationalsozialisten ihn finanziell ruiniert und dabei
sein Unternehmen und seinen Grundbesitz teils beschlagnahmt, teils
Zwangsverkäufen zugeführt hatten, seine umfangreiche Kunstsammlung
auflösen. Die Bellotto-Gemälde gelangten unter Wert an den im Auftrag
Adolf Hitlers tätigen Kunsthändler Karl Haberstock, der sie an die
Privatsammlung Hitlers weiterreichte. 1949 kamen zwei der
ursprünglich drei Bellotto-Gemälde aus der Sammlung Emden über den
Münchener "Collecting Point" (CCP) der Alliierten in die
Treuhandverwaltung des Bundes und wurden in den 60er Jahren, mitsamt
über zweitausend anderer Kunstwerke aus dem CCP-Restbestand,
schließlich Eigentum des Bundes.
Eines der beiden Gemälde, "Zwingergraben in Dresden", hing viele
Jahre als Leihgabe des Bundes in der Villa Hammerschmidt in Bonn. Der
damalige Bundespräsident Horst Köhler gab es an den Bund zurück, als
er von der Provenienz des Bildes erfuhr. Das Gemälde befindet sich
heute im Militärhistorischen Museum in Dresden. Das zweite Bild, eine
Ansicht der "Karlskirche in Wien", ist seit mehr als vierzig Jahren
im Depot des Düsseldorfer Museum Kunst Palast weggeschlossen.
Weil sich der Bund bereits 2005 weigerte, gemeinsam mit den Erben
von Max Emden die Limbach-Kommission anzurufen, und auch ein fünf
Jahre andauerndes Petitionsverfahren beim Deutschen Bundestag zu
keinem Ergebnis führte, haben die Erben Max Emdens 2012 den Schweizer
Kunsthistoriker und NS-Raubkunstexperten Dr. Thomas Buomberger mit
der Anfertigung eines Gutachtens beauftragt. Buomberger, der den Fall
nochmals aufrollte und dabei auch neue Fakten zutage förderte, kommt
zu dem Ergebnis, dass es sich um einen klaren Fall eines durch die
rassische Verfolgung des Verkäufers motivierten Zwangsverkauf
handele, der gemäß der "Gemeinsamen Erklärung" die Rückgabe gebiete.
Das demgegenüber wiederholt vorgetragene Argument des BMF, es habe
sich um einen Verkauf aus dem "sicheren Ausland" heraus - Emden lebte
1938 in der Schweiz - gehandelt, ist nicht haltbar. Denn der Bund
selbst hat bereits 2006 im Rahmen des Bundeshaushaltsgesetzes und
angesichts der Entscheidung der Limbach-Kommission im Fall der
Sammlung Julius Freund festgelegt, dass auch Verkäufe wie im Falle
Emden unter die Kategorie "NS-verfolgungsbedingt entzogen" fallen,
wenn die betroffenen Kulturgüter "ohne physischen Zwang aus einer
wirtschaftlichen Notlage heraus veräußert wurden, unabhängig davon,
ob die Veräußerung innerhalb des Deutschen Reichs oder im Ausland
stattgefunden hat".
Auch das Argument, dass aus "Respekt vor der Entscheidung" des
Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages keine andere
Entscheidung getroffen werden könne, sehen die Familie Emden und
deren Anwälte kritisch: "Die Entscheidung des Petitionsausschusses
wurde auf der Grundlage unvollständiger Fakten gefasst. Jetzt haben
wir mit dem Gutachten des Raubkunst-Experten Dr. Buomberger und den
weiteren Forschungsergebnissen eine neue Situation. Der Bund ist
durch die Entscheidung des Petitionsausschusses keineswegs gehindert
und im Ãœbrigen nach wie vor in der Alleinverantwortung, eine eigene
Entscheidung zu treffen", so Urbach.
Gleiches gelte für das Argument, dass auch amerikanische Museen
Restitutionsforderungen der Emden-Familie bislang nicht positiv
beschieden hätten. "Amerikanische Einrichtungen schauen in erster
Linie auf Deutschland, wenn es um die Wahrnehmung von Verantwortung
in Bezug auf NS-Raubkunst geht. Und warum sollte ein amerikanisches
Museum sich mehr verpflichtet fühlen, wenn Deutschland nicht mit
gutem Beispiel vorangeht?" stellt Rechtsanwalt Stötzel fest. "Private
Sammler und die großen Auktionshäuser haben in den letzten Jahren
wesentlich mehr Verantwortungsbereitschaft auch im Falle Emden
gezeigt, als es die öffentliche Hand tut. Es gab bereits mehrere
Einigungen mit Privatsammlern über Kunstwerke, die Max Emden unter
exakt denselben Bedingungen wie im Falle der beiden Bellotto-Gemälde
verlor. Warum weigert sich ausgerechnet die Bundesregierung, die dazu
- anders als Private - doch von Staats wegen verpflichtet ist, das
Richtige zu tun?"
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