(ots) - Im Osten geht bekanntlich die Sonne auf. In
gewisser Weise gilt das auch für die Europäische Union. Die
Euro-Revolution in der Ukraine ist zwar ins Stocken geraten. Doch der
Aufstand in Kiew hat gezeigt, welche Anziehungskraft die EU noch
immer ausüben kann. Mehr noch: Das wirtschaftlich über ein Jahrzehnt
hinweg enorm erfolgreiche Polen hat vorgemacht, wie man mit Brüsseler
Hilfe den Sprung in die Moderne schaffen kann. Und da sind die
baltischen Staaten, die sich mit unglaublicher Kraft aus dem Sumpf
der Wirtschafts- und Finanzkrise gezogen haben. Lettlands
Euro-Beitritt am 1.Januar ist dafür der beste Beleg. Er
zeigt, dass Europa im Osten zehn Jahre nach der großen
Erweiterungsrunde lebt. Selbstverständlich ist auch dort nicht alles
Gold, was glänzt. Polen steht wirtschaftlich am Scheideweg zwischen
Krise und neuem Aufschwung. Die Euro-Einführung musste verschoben
werden. In anderen Ländern sind die Probleme sogar schlimmer. Ungarn
hat eklatante Demokratiedefizite, in Bulgarien und Rumänien blüht die
Korruption. Dennoch: Verglichen mit der Stimmungslage in vielen
Staaten der alten EU, sind die Erweiterungsländer von 2004 und 2007
im Kommen. Von der anstehenden Europawahl im Mai erwarten viele
Beobachter einen regelrechten Durchmarsch populistischer und vor
allem euro-skeptischer Parteien. Allerdings gilt das fast
ausschließlich für das "alte Europa". Die Achse reicht von den Wahren
Finnen im Norden über die britische UKIP, Geert Wilders in den
Niederlanden und Marie Le Pen in Frankreich bis hin zur Lega Nord in
Italien. Im Osten des Kontinents sind dagegen mit Europahass nur
wenige Stimmen zu gewinnen. Im erfolgreichen Baltikum würde
vermutlich fast niemand sein Kreuz bei einer Anti-EU-Partei machen.
Das Argument liegt nahe, dass die Nehmerländer im Osten weniger Grund
zur Kritik an der EU haben als die Geberländer im Westen. Das mag so
sein. Allerdings gilt auch: Von neuen Autobahnen in Polen profitiert
vor allem die Bau- und Exportwirtschaft in Deutschland, Österreich
und anderen alten EU-Staaten. Ähnliches gilt für die berüchtigten
Wanderungsströme. Der Hass auf osteuropäische Migranten und die Angst
vor ihnen ist in Großbritannien und den Niederlanden mit Händen zu
greifen. In Wirklichkeit ist die Migration für beide Seiten
problematisch, zugleich aber auch von Nutzen. Den im Westen
verunglimpften "Einwanderern in die Sozialsysteme" stehen all die
Fachkräfte aus dem Osten gegenüber, ohne die etwa die deutsche
Wirtschaft Probleme bekäme. Der Aderlass an gut ausgebildeten jungen
Leuten ist für die baltischen Staaten, für Polen und Ungarn kaum zu
verkraften. Wenn sich am 1. Mai 2014 die EU-Osterweiterung zum
zehnten Mal jährt, ist dies ein Anlass zur Freude. Das schönste
Geschenk wäre eine neue Regierung in der Ukraine und eine
Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen mit der EU.
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