(ots) - Thomas Hitzlsperger hat getan, was niemand vor ihm
gewagt hat: Der 31 Jahre alte ehemalige deutsche Nationalspieler hat
erklärt, homosexuell zu sein, und ist damit in Deutschland der erste
prominente Fußballer, der sich outet. Er wolle mit seiner
Bekanntmachung "eine Diskussion über Homosexualität unter
Profisportlern voranbringen". Ein mutiger Schritt, den es gebraucht
hat. Denn während Homosexualität in Politik, Wirtschaft und Kultur
längst akzeptiert ist, bleibt sie im Fußball immer noch ausgesperrt.
Der beliebteste Sport der Welt ist die letzte, große Bastion des
Schweigens über sexuelle Orientierung.
Doch mit Hitzlspergers Outing bestätigt sich auch, dass Schwulsein
im deutschen Profifußball selbst im Jahr 2014 immer noch
problematisch ist. Der ehemalige Mittelfeldspieler hat sich
entschieden, erst nach dem Ende seiner Karriere an die Öffentlichkeit
zu gehen. Er fürchtete Repressalien. Dass diese Furcht auch bei den
Oberen des deutschen Fußballs weiterhin besteht, zeigen entsprechende
Reaktionen. Liga-Präsident Reinhard Rauball sagte: "Zum jetzigen
Zeitpunkt kann ich einem Spieler noch nicht guten Gewissens zu einem
öffentlichen Coming-out raten." Auch der Präsident des Deutschen
Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, äußerte sich zögerlich:
"Man weiß nicht, wie das große Publikum in den Stadien vor allem bei
Auswärtsspielen reagiert." Vor zwei Jahren schon riet der derzeit
mächtigste deutsche Spieler, Bayern- und Nationalelf-Kapitän Philipp
Lahm, schwulen Berufskollegen von einem Outing ab. Geprägt ist diese
Vorsicht durch den Fall Justin Fashanu: Im Oktober 1990 erklärte der
englische Fußballprofi, homosexuell zu sein. Acht Jahre später
erhängte sich der farbige Angreifer. Eine regelrechte Hetzjagd hatte
ihn in den Tod getrieben. Homophobe Verunglimpfungen in den Stadien
waren an der Tagesordnung. Der Fall Fashanu wirkt bis heute nach.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Damit Hitzlspergers Outing
nicht verpufft, braucht es prominente Unterstützer. Schwule
Fußball-Profis müssen ermutigt und nicht davor gewarnt werden, sich
zu outen. Wer die Gefahren und nicht die Chancen eines Outings
hervorhebt, beugt sich vor den Gestrigen. Hitzlsperger hat den ersten
Schritt gewagt - nun gilt es, den zweiten zu tun.
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