(ots) - Endlich scheint der amerikanische Präsident
begriffen zu haben, zu welchem Vertrauenseinbruch das maßlose
Spionieren seiner Geheimdienste geführt hat. Er werde das
Datensammeln im In- wie im Ausland begrenzen, verbündete Staats- und
Regierungschef sollen künftig ungestört telefonieren können. Aber
alles unter dem Vorbehalt, dass die nationale Sicherheit Amerikas
nichts anderes verlange. Da bleiben viele Fragen. Wie weit die
Einsicht des einst als Heilsbringer gefeierten Barack Obama wirklich
geht und um wie viel kürzer die Leine sein wird, an die er die NSA
legen will, wird erst die Praxis zeigen. Die Rede am Freitag war
deshalb nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer.
Freundschaft basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Eine Stufe
tiefer setzt Partnerschaft in der Politik zumindest Respekt
voreinander voraus. Auf diesem insgesamt positiven Fundament haben
sich in den vergangenen Jahrzehnten die Beziehungen zwischen
Deutschland und Amerika entwickelt, im größeren und nicht minder
wichtigen Rahmen auch die innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft.
Es droht ein historischer Bruch, wenn Amerika nicht endlich aufhört,
das gemeinsame Fundament zu zerstören, wenn die Supermacht weiter
unterschiedslos Freund wie Feind ausspioniert.
So verständlich die Sorge vor einem zweiten 11. September, so
nachvollziehbar möglichst umfassende Vorfeldinformationen zur Abwehr
terroristischer Anschläge - in einer Demokratie, also in einer freien
Gesellschaft und unter Freunden/Partnern muss es Grenzen geben. Es
ist nicht zu akzeptieren, dass als Freunde eingestufte
Regierungschefs wie die deutsche Kanzlerin oder deren
Kabinettsmitglieder abgehört werden. Im Grundsatz auch nicht
hinnehmbar der Bruch deutschen Rechts, indem deutsche Bürger oder
Unternehmen von deutschem Boden aus abgehört oder ausspioniert
werden. Keine Freundschaft, keine Partnerschaft hält es lange aus,
wenn eine Seite das eigentlich Selbstverständliche als für sich nicht
bindend missachtet. Obama muss seinen Ankündigungen jetzt
überzeugende Taten folgen lassen.
Es wäre ja wohl ein höchst makaberer Witz der Weltgeschichte, wenn
die islamistische Terroristen-Szene schaffen sollte, was im Kalten
Krieg nicht einmal der Supermacht Sowjetunion gelungen ist: die
Spaltung und damit existenzielle Gefährdung des Westens und damit der
freiheitlichen Welt.
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