(ots) - Beinahe drei Jahre dauert der blutige
Bürgerkrieg in Syrien nun schon. Er hat Tausende von Menschenleben
gekostet, Millionen zur Flucht gezwungen und damit die vielleicht
schlimmste Flüchtlingskatastrophe der vergangenen Jahrzehnte
ausgelöst. Von heute an böte sich die Chance auf ein Ende des
Mordens, des Leids und der Tragödie. Aber es gilt nur der Konjunktiv.
Die Friedensverhandlungen sind zum Scheitern verurteilt. Und schuld
daran ist vor allem die internationale Staatengemeinschaft. Der
Westen hat versagt. Im Angesicht des Grauens haben sich die Vereinten
Nationen bislang nur darauf einigen können, dass das Assad-Regime
seine Chemiewaffen ausliefert. Ja, die Vernichtung der
abscheulichsten aller Waffen ist ein Erfolg - in dessen Schatten aber
das konventionelle Töten weitergegangen ist. Berichte über
Nagelbomben, die über Städten abgeworfen werden und unschuldige
Menschen zerfetzen, finden kaum noch Eingang in die
Berichterstattung. Weil sie bedeuten, dass nichts, aber auch gar
nichts gut ist in Syrien. Wer heute behauptet, dass Basschar al-Assad
im Amt bleiben müsse, weil alle anderen potenziellen Nachfolger noch
schlimmer sein werden, hängt einer eigentümlichen Vorstellung von
politischer Legitimität nach. Wie kann ein Mann, dessen Armee Giftgas
gegen sein eigenes Volk eingesetzt hat, der den Tod von Kindern in
Kauf nahm, im Amt bleiben? Wer kann ernsthaft fordern, dass ein
Präsident nach einem der brutalsten Kriege der vergangenen Jahre
seinen Posten behält, wenn er zulässt, dass in seinen Gefängnissen
Menschen systematisch zu Tode gefoltert werden? Assad ist nicht, was
er lange zu sein schien: Ein moderner, vielleicht sogar moderater
Herrscher. Er ist ein gnadenloser Despot, der sich mit Macht, Militär
und blutverschmierten Händen an sein Amt klammert. Aber weil hinter
ihm eine ehemalige Supermacht - Russland - und eine Regionalmacht -
Iran - stehen, traut sich niemand, auch nicht der einstige
Weltpolizist USA, an Damaskus heran. US-Präsident Barack Obama hatte
von einer "roten Linie" gesprochen, die überschritten sei, sollte
Assad Giftgas einsetzen. Er tat es - und nichts geschah. Assad hat
die USA in ihrer außenpolitischen Schwäche entblößt. Ebenso wie die
Vereinten Nationen sich bloßstellen ließen. UN-Generalsekretär Ban Ki
Moon hatte die richtige Idee, als er den Iran bat, an den
Verhandlungen in Genf teilzunehmen. Nur unter Einbeziehung des
verbündeten Nachbarstaats kann überhaupt noch Einfluss auf Assad
ausgeübt werden. Aber Ban hat Fehler gemacht, die in seinem Amt nicht
akzeptabel sind. Er hat sich offenbar weder mit Washington, noch mit
der zerstrittenen syrischen Opposition abgestimmt und sich in der
Folge auch noch derart unter Druck setzen lassen, dass er den Iran
wieder auslud. Nicht genug damit also, dass die Vereinigten Staaten
in der Syrienfrage unglaubwürdig geworden sind. Nun leisten ihnen
auch noch die UN auf der Verlierbank Gesellschaft. All das geschieht,
während sich der Syrienkonflikt ohnehin schon balkanisiert hat. Die
Fronten verlaufen asymmetrisch, zwischen Regime und Opposition, aber
auch zwischen den Rebellengruppen. Auch das ist eine Folge des viel
zu langen Zögerns des Westens, Partei zu ergreifen. Geschieht kein
Wunder, wird die Syrien-Konferenz mit ein paar Absichtserklärungen
enden, die nichts daran ändern, dass täglich mehr Menschen ermordet
werden oder in eine Zukunft fliehen, in der Kälte, Hunger und Elend
in überfüllten Städten und Lagern warten. Wenn es nach dem
Afghanistankrieg wirklich eines weiteren Beweises bedurft hätte, wie
machtlos die internationale Gemeinschaft in einer sich weiter
dezentralisierenden Welt geworden ist: Syrien liefert ihn, seit
Monaten, jeden Tag, auf dem Rücken von Millionen Männern, Frauen und
Kindern.
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